Hip-Hop-Festival:"Missratene Mischung"

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Trägt nach eigenem Empfinden die Hip-Hop-Krone: der Friedberger Rapper Felix Blume alias Kollegah. (Foto: Markus Köller/imago/HMB-Media)

Kollegah und Farid Bang in München: Jüdische und linke Initiativen wollen Auftritt der Skandal-Rapper bei einem Festival in München verhindern.

Von Dirk Wagner

Es ist schon mehr als zehn Jahre her, dass der Düsseldorfer Rapper Kollegah in der Presse auch schon mal als "missratene Mischung aus Mike Krüger und Eminem" abgetan wurde. Heute klingt derlei Kritik harmlos. Denn seitdem hat jener Skandal-Rapper sogar den renommierten Schallplattenpreis "Echo" zu Fall gebracht. Dieser Preis hatte, nur Verkaufszahlen folgend, 2018 mit Kollegah und Farid Bang auch zwei Rapper ausgezeichnet, deren Texte durchaus als antisemitisch gelesen werden können. Daraufhin gaben zahlreiche ebenfalls geehrte Künstler ihren Echo zurück.

Entsprechend konnten massive Proteste, unter anderem von der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, 2019 einen Auftritt von Kollegah in München verhindern. Drei Jahre später werden Kollegah und Farid Bang aber nun erneut auf dem "Hip-Hop bewegt"-Festival am Samstag, 10. September, im Münchner Sugar Mountain angekündigt. "Offenbar haben wir seitdem keine Fortschritte gemacht", kritisiert das Knobloch, die nach dem Eklat 2019 gehofft hatte, "dass wir solche Debatten nicht noch mal würden führen müssen".

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Der Nachrichtenagentur epd sagte sie am Donnerstag: "Ich bin schockiert, dass Musiker wie Kollegah in München erneut eine Bühne bekommen sollen." Damit unterstützt sie die Forderung des Verbands jüdischer Studenten in Bayern und des Linken Bündnisses gegen Antisemitismus München, das für dieses Wochenende geplante Konzert von Kollegah in München abzusagen. Dessen neues Album "Free Spirit" lasse sich "als antisemitisches Gesamtkunstwerk bezeichnen", kritisieren die Verbände. Zwar vermeide der Rapper darin die offene Hetze, aber "Antisemiten aller Couleur" seien dazu in der Lage, Texte und Videos zu dechiffrieren.

Kollegah bezeichnet die Textpassagen als "Übertreibungen und/oder Vergleiche"

"Wir distanzieren uns von Diskriminierung, Sexismus, Antisemitismus und Faschismus in jeglicher Form", erklärt daraufhin der Veranstalter des "Hip Hop bewegt"-Festivals, Marco Sansone von der Münchner Wir lieben Deutschrap GmbH. Die Auswahl der bei ihm auftretenden Künstler basiere auf der Nachfrage "unserer sehr breitgefächerten und multikulturellen Community, die sehr viele Nationalitäten, Herkunftsländer und Glaubensrichtungen integriert", sagt Sansone: "Die Künstler Farid Bang und Kollegah sind bei unseren Followern und Fans sehr beliebt und treten deshalb auf dem Festival auf." Eine Absage der Konzerte kommt für ihn nicht in Frage. In seiner Presseerklärung steht zudem ein Kollegah zugeordnetes Statement. Der antwortet darin auf die Vorwürfe "im Bezug auf Antisemitismus- und Sexismus" gegen ihn und Farid Bang, indem er die kritisierten Textpassagen als "Übertreibungen und/oder Vergleiche" bezeichnet, die "keine persönlichen oder ethischen Zusammenhänge mit den Künstlern haben".

Nun kann man sich darüber wundern, dass ein Festival, das sich nach eigenem Bekunden auch von Sexismus distanziert, mit Kollegah einen selbsternannten Zuhälter-Rapper protegiert, der Frauen auch schon mal als "Dreckslöcher" bezeichnet. Und sicher tut man gut daran, auf Kollegahs neuem Album "Free Spirit" Phrasen und Reizwörter wie "Der Gutmensch twittert rum, wir sind am Klimawandel schuld", "militantes Bündnis wie die Nato" oder "Fake-Feminism-Bitches" genauer zu betrachten. Am meisten muss man aber doch vor einer Gesellschaft erschrecken, in der solch plumpe, zum Teil dumme und oft menschenverachtende Phrasendrescherei so viel Beachtung und Anerkennung erfährt.

Letztlich nämlich kann der Mann, der sich selbst über "Fake-Rap für Shisha-Bars" und "Discogänger" erhebt, weder Eminem noch Mike Krüger das Wasser reichen. Doch auch solche Erkenntnis kontert Kollegah bereits auf seinem neuen Album mit dem Satz: "sie ham versucht, mich immer kleinzureden, weil sie wissen, wer die Krone trägt".

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