Süddeutsche Zeitung

Britisches Königshaus:Auf ein Bier royal ins Hofbräuhaus

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Wie schade, dass Charles und Camilla bei ihrem Staatsbesuch diesmal nicht nach München gekommen sind - wo die Stadt doch so viel Königliches zu bieten hat.

Glosse von Nadeschda Scharfenberg

Aus aktuellem Anlass muss mal wieder darauf hingewiesen werden, dass München die Königin unter den Städten ist. Wo sonst gibt es eine derartige monarchische Ballung als in der Heimat von Kir Royal, Königsplatz, Circus Krone und 15 Burger-King-Filialen? Es grenzt an Majestätsbeleidigung, dass Charles ausgerechnet auf seiner ersten Deutschlandreise in Amt und Würden die Krone der Stadtschöpfung hat links liegen lassen.

Dabei sollte ihm München tief im Gedächtnis verwurzelt sein. Seine Majestät möge doch bitte einmal in den alten Reisetagebüchern blättern, genauer in den Bänden der Jahre 1987 und 2019. Dort müsste er die sehr münchnerischen Stichworte Rinderbesamung, Seniorentanz und Baby-Lederhose finden, und eventuell auch einen Eintrag zu einem etwas gewöhnungsbedürftigen Prince Charming aus Franken.

Die Zeitreise führt zunächst zurück ins Jahr 1987, da wäre München beinahe in die Geschichtsbücher eingegangen als die Stadt, in der Charles und Diana ihre Ehekrise überwanden. Nach einem zweitägigen Besuch des Paares in der königlich-bayerischen Landeshauptstadt war die tz der Überzeugung: "Der Prinz und die Prinzessin von Wales haben in München ihr Glück wiedergefunden." Ob es daran lag, dass Charles in der Besamungsanlage in Grub mit einem 1200 Kilo schweren Zuchtstier Bekanntschaft schließen durfte? Oder daran, dass das Paar gemeinsam "Die Hochzeit des Figaro" im Nationaltheater besuchte, ein abschreckendes Beispiel für nicht funktionierende Beziehungen zwischen Blaublütern? Die Sun zog jedenfalls ein ähnliches Reisefazit wie der Münchner Boulevard, wenn auch etwas weniger poetisch: "Krauts, ihr habt diese Ehe gerettet."

32 Jahre und fünf bayerische Ministerpräsidenten später führte der Immer-noch-Thronfolger seine zweite Ehefrau an die Isar und wurde mit einer Frotzelei empfangen: "Auch jemand, der sehr lange auf sein Amt wartet", so nannte ihn Markus Söder, der es nach etlichen Flegeljahren endlich in die Staatskanzlei geschafft hatte. Als kleine Aufmerksamkeit gab es eine XXS-Lederhose für den frisch geborenen Enkel Archie und zum Trinken eine Mass Bier im Hofbräuhaus, von der Daily Mail zur "traditional hall in Munich" verzwergt. Dort findet traditionell einmal pro Woche ein Seniorentanz statt, ob nun Prinzen anwesend sind oder nicht. Charles und Camilla foxtrotteten kurzerhand mit.

Süße Erinnerungen. Jetzt, da Charles Söders Vorbild gefolgt ist und den Wartestand verlassen hat, hätte ein neuer Besuch die Krönung der bayerisch-britischen Beziehung sein können. Doch der König beehrte lieber die Ministerpräsidenten Tschentscher, Giffey und Woidke. Gegen diese Münchner Entthronung hilft nichts. Höchstens ein Gläschen Kir Royal.

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