Koalitionsgespräche in München:Vorfühlen bei der CSU

Münchner OB-Kandidaten

Versuchen sie es nochmal mit Koalitionsgesprächen? Dieter Reiter (SPD), Josef Schmid (CSU) und Sabine Nallinger (Grüne).

(Foto: Andreas Gebert/dpa)

Nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und ÖDP kommt nun Josef Schmid ins Gespräch. Doch der weilt im Urlaub - und hat immer gesagt, er will kein Mehrheitsbeschaffer sein.

Von Dominik Hutter

Sozialdemokraten, Grüne und Rosa Liste wollen nun doch Sondierungsgespräche mit der CSU aufnehmen. Die Partner vereinbarten am Montagnachmittag, einen Brief an CSU-Fraktionschef Josef Schmid zu verfassen und bereits an diesem Dienstag bei der Fraktionsgeschäftsstelle seiner Partei abzugeben - Schmid ist derzeit im Urlaub. Nach Auskunft von Grünen-Fraktionschef Florian Roth soll in dem Schreiben noch nicht explizit ein Angebot für ein Dreier-Bündnis enthalten sein. Man wolle zunächst mit Schmid über die Lage sprechen.

Zudem wollen SPD und Grüne schriftlich darlegen, welche inhaltlichen roten Linien es gibt - bei der Sanierung des städtischen Klinikums etwa oder beim Erhalt der Daseinsvorsorge. Dabei gehe es lediglich um die große Linie, ein detaillierter programmatischer Katalog liege noch nicht vor, erklärte Roth. Unklar ist auch noch, wie das Bündnis selbst aussehen soll: eine echte Koalition oder doch eher eine lockere Zusammenarbeit in Einzelfragen und bei der Bürgermeisterwahl. Für Schmid dürfte dies eine wichtige Frage sein.

CSU will kein Mehrheitsbeschaffer sein

Denn der gescheiterte Oberbürgermeisterkandidat der CSU hatte im Wahlkampf stets betont, Koalitionen in Gemeindeparlamenten abzulehnen. Erklärtermaßen will die CSU auch nicht als Mehrheitsbeschaffer für eine Fortführung des rot-grünen Bündnisses dienen. Eine Zusammenarbeit müsste also wohl anders aussehen als einfach nur Rot-Grün-Rosa plus x. Ob das in kurzer Zeit gelingt, ist unklar. Die Regierung von Oberbayern bestätigte allerdings, mit der Stadt Kontakt über eine etwaige Verschiebung der am 2. Mai angesetzten Bürgermeisterwahl zu haben.

Falls die Gespräche mit der CSU ganz scheitern, hält Roth es auch für möglich, mit einem rot-grünen Minderheitsbündnis die Bürgermeisterwahl zu wagen - und vielleicht sogar die ganze sechsjährige Amtsperiode. Hintergrund ist die Hoffnung, dass im neu gewählten Stadtrat eigentlich eine tendenziell linke Mehrheit besteht. Immerhin kommen SPD, Grüne, Rosa Liste und der Oberbürgermeister zusammen mit der Linken auf 41 von 80 Stimmen, und möglicherweise tendierten ja auch Piraten und die Wählergruppe Hut trotz ihrer Fraktionsgemeinschaft mit der FDP eher zu diesem Spektrum. Dass es knapp wird, ist auch Roth klar. "Stabilität ist schwer herstellbar", erklärt er angesichts des rekordverdächtig zersplitterten Stadtrats, in dem immerhin 13 Parteien und Gruppierungen vertreten sind.

Ob das Bündnis zwischen FDP, Piraten und Hut Zukunft hat, ist offen - möglicherweise genügt es weder den Kriterien als Fraktions- noch als Ausschussgemeinschaft. Die Regierung von Oberbayern prüft derzeit, ob die Geschäftsordnung des Stadtrats eingehalten wird. Darin heißt es über Fraktionen: "Stadtratsmitglieder können sich zur Erreichung gemeinsamer Ziele zu Fraktionen zusammenschließen." Ob das äußerst vage gehaltene Bündnispapier dafür ausreicht, gilt bei städtischen Juristen zumindest als zweifelhaft. Eine Fraktion verfügt im Rathaus über privilegierte Arbeitsbedingungen und -rechte.

Absurde Debatte

Wenig ermutigend ist auch der Paragraf über Ausschussgemeinschaften. "Einzelne Stadtratsmitglieder und Gruppen, die sonst bei der Besetzung der Ausschüsse keine Berücksichtigung finden würden, können sich zum Zwecke der Erlangung von Ausschusssitzen zusammenschließen", steht in der Geschäftsordnung. Dies trifft allerdings für die FDP nicht zu, die mit drei Mandaten auch ohne Partner in die Ausschüsse dürfte. Sollten sowohl Fraktion als auch Ausschussgemeinschaft unzulässig sein, wären Piraten und Hut wieder bündnisfrei. Was allerdings, das wissen auch SPD und Grüne, keinesfalls bedeuten muss, dass sich die beiden Einzelstadträte von Piraten und Hut noch auf die rot-grüne Seite ziehen lassen.

FDP-Spitzenmann Michael Mattar, der bereits zum Fraktionschef des ungewöhnlichen Bündnisses gewählt wurde, hält das Ganze ohnehin nur für Querschüsse aus dem rot-grün dominierten Rathaus. Für den Versuch, weiter Druck auf die beiden neu gewählten Stadträte Wolfgang Zeilnhofer-Rath (Hut) und Thomas Ranft (Piraten) auszuüben. "Das bewirkt aber eher das Gegenteil", ist Mattar überzeugt. Die FDP jedenfalls stehe fest zu dem Bündnis.

Dass es keine gemeinsamen politischen Ziele gebe, streitet Mattar vehement ab. Immerhin habe man sich auf Wohnungsneubau, die Einführung eines kommunalen Wohngeldes, mehr Bürgerbeteiligung, ein Nein zum zweiten S-Bahn-Tunnel und für neue U-Bahn-Strecken ausgesprochen.

Besonders absurd findet Mattar die jetzige Debatte, wenn er an die Bürgerliche Mitte denkt. Diese Fraktion, bestehend aus Freien Wählern, Bayernpartei und ÖDP, hat sich in der nun zu Ende gegangenen Amtsperiode zusammengefunden. "Wir haben jedenfalls mehr Gemeinsamkeiten als die Bürgerliche Mitte", lästert Mattar. Die habe schließlich mit Bayernpartei und ÖDP sowohl die schärfsten Kritiker als auch die engagiertesten Befürworter des Rauchverbots in Kneipen und Restaurants in ihren Reihen gehabt.

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