Süddeutsche Zeitung

Koalition in München:SPD setzt rot-grünes Bündnis aufs Spiel

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Sabine Nallinger ging bisher fest davon aus, dass sie als Zweite Bürgermeisterin gesetzt ist. Doch das sieht der SPD-Fraktionschef anders. Er fordert die Stellvertreterposten für seine Partei und die CSU - heftiger Streit droht.

Von Silke Lode, München

Bei der zähen Mehrheitsfindung im Münchner Stadtrat zeichnet sich ein heftiger Streit zwischen SPD und Grünen um die Bürgermeisterposten ab. Da Rot-Grün im Rathaus nach dem derzeitigen Stand der Gespräche künftig auf die Unterstützung der CSU angewiesen ist, droht einer der beiden Parteien der Verlust eines Bürgermeisterpostens.

Josef Schmid, der Spitzenmann der Rathaus-CSU, hat eine Kooperation an die Forderung geknüpft, dass seine Fraktion den Zweiten Bürgermeister stellen darf. Alexander Reissl, der bisherige SPD-Fraktionschef, bezeichnete dies als "legitime Forderung", da Schmid zwar die OB-Wahl verloren habe, aber die größte Fraktion repräsentiere. Allerdings reklamiert er den zweiten Vizeposten für die SPD - ein Schritt, der die Grünen um ihren Vertreter an der Stadtspitze bringen würde. Laut Bayerischer Gemeindeordnung kann der Stadtrat maximal zwei Bürgermeister als Stellvertreter des OB wählen.

Nallinger reagiert überrascht

Die Grünen reagierten perplex angesichts dieser völlig neuen Forderung - und erteilten zugleich einem Dreierbündnis mit CSU und SPD eine Absage, bei dem sie keinen Bürgermeister stellen könnten. "Das kann ich mir nicht vorstellen", sagte Sabine Nallinger, die in der OB-Wahl gegen Schmid und den siegreichen SPD-Mann Dieter Reiter angetreten war. "Ich gehe davon aus: Wenn drei Fraktionen ein Bündnis bilden, sind auch alle an der Stadtspitze abgebildet", sagte Nallinger. Auch der bisherige Fraktionschef, Florian Roth, hält ein Dreierbündnis ohne Grünen-Bürgermeister für "schwer vorstellbar" und zeigte sich irritiert über den Vorschlag: "Bisher sind wir alle Schritte gemeinsam mit der SPD gegangen." Vor der Stichwahl haben die Grünen sogar eine Wahlempfehlung für Dieter Reiter ausgesprochen.

Alexander Reissl hingegen meint es sehr ernst mit seiner Forderung. Er argumentiert, der designierte Oberbürgermeister Reiter habe "mit dem arithmetischen Spiel nichts zu tun" - schließlich sei er direkt gewählt. Bei den Bürgermeistern stelle er sich dann die Frage: "Warum sollte die zweitstärkste Fraktion der drittstärksten ein Amt einräumen?" Zwingend sei das in seinen Augen auf jeden Fall nicht.

Postenverlust wäre für die SPD schmerzlich

Verwunderlich ist Reissls Vorstoß nicht, da der Verlust eines Bürgermeisteramts für die SPD besonders schmerzlich wäre. Schwierig könnte die Situation auch für Reissl selbst werden, da kaum vorstellbar ist, dass die bisherige Zweite Bürgermeisterin, Christine Strobl, künftig als einfache Stadträtin im Rathaus sitzen wird. Reissl selbst bezeichnet sie als "Repräsentantin der SPD, die auch in der Stadtgesellschaft akzeptiert und respektiert" sei. Zudem ist Strobl im Dreieck von Partei-, Stadt- und Fraktionsspitze die einzige Frau. Sollte die SPD tatsächlich einen Bürgermeisterposten verlieren, hätte Strobl gute Chancen, an Stelle des ohnehin umstrittenen Alexander Reissl zur Fraktionschefin gewählt zu werden - sofern sie das will.

Strobl selbst ist derzeit im Urlaub und wollte sich in der um sie kreisenden Debatte bislang nicht zu Wort melden. Allerdings gibt es Hinweise, dass die SPD sich unter anderem für Strobl verschiedene Optionen offenhalten will: Kommenden Montag sollten die 24 neuen SPD-Stadträte einen Fraktionschef wählen - nun soll diese Entscheidung verschoben werden, da noch zu viele Fragen ungeklärt sind.

Beatrix Zurek, die Stellvertreterin Reissls, sagt, dass auch die CSU sich überlegen müsse, ob man die "gute Bürgermeisterin Christine Strobl" gegen jemand anderen austauschen wolle. Doch zugleich ist sie nicht glücklich über Reissls Vorstoß, der SPD den Posten auf Kosten der Grünen zu sichern: "Ich finde es nicht gut, so in Verhandlungen zu gehen, dass man den kleineren Partner gleich vor den Kopf stößt." Wie auch SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann betont sie, man müsse zunächst sehen, ob man sich mit der CSU inhaltlich einig werde, erst dann sei über Posten zu reden.

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SZ vom 24.04.2014
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