Koalition in München:Nicht mit der CSU

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Dieter Reiter beim 100. Gründungsjubiläum der Jusos. (Foto: Florian Peljak)

Seit Wochen basteln SPD und Grüne an ihren Bündnisplänen für das Münchner Rathaus. Am kommenden Montag soll endlich der Durchbruch gelingen - doch in den Parteien wächst der Widerstand gegen eine schwarz-rot-grüne Koalition.

Von Dominik Hutter und Silke Lode

Kurz vor dem geplanten Abschluss der Bündnisgespräche gibt es nach den Grünen jetzt auch bei der SPD ernsthaften Widerstand gegen eine Zusammenarbeit mit der CSU. Nachdem die Parteibasis der Grünen bereits vor gut einer Woche Vorbehalte gegen ein Bündnis mit der CSU artikuliert hatte, haben die Jusos am Donnerstag einstimmig ein Ende der Gespräche gefordert. Stattdessen solle künftig eine Minderheitsregierung aus SPD und Grünen die Geschicke im Rathaus bestimmen. "Ich spüre in der SPD viel Rückhalt für unsere Position", erklärte Juso-Chef Cornelius Müller.

Der Münchner SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann bestätigte, dass mehrere parteiinterne Organisationen "eine kritische Haltung" zu einer Kooperation mit der CSU einnehmen. Er zeigte Verständnis für die Kritiker: "Die Argumente sind nicht an den Haaren herbeigezogen und teilweise inhaltlich fundiert", sagte Pfaffmann. Zugleich stellte er aber klar, dass er kein Befürworter einer Minderheitsregierung sei: "Es wäre gut, wenn wir eine breite Mehrheit zur Lösung der großen Herausforderungen hätten, die es in München gibt."

Pfaffmann betonte auch, dass weder die Jusos noch andere SPD-Gruppierungen über eine Zusammenarbeit mit der CSU und den Grünen entschieden. Sollten sich die Verhandlungsführer am Montag auf ein lockeres Bündnis einigen, werde am 19. Mai ein Parteitag entscheiden. Stimmberechtigt sollen nur Delegierte sein. Die Jusos fordern ein echtes basisdemokratisches Verfahren. Pfaffmann wies diesen Wunsch jedoch zurück: "Für einen Mitgliederentscheid haben wir zu lange Vorlauffristen." Da die Parteitage öffentlich seien, könne aber jeder Genosse kommen.

Bei den Grünen ist die Abneigung gegen die CSU noch größer

Ähnliche Diskussionen gibt es auch bei den Grünen, bei denen die Abneigung gegen die CSU noch größer ist. Margarete Bause, die Chefin der grünen Landtagsfraktion, hat sich bereits bei einer Stadtversammlung für eine rot-grüne Minderheitsregierung ausgesprochen. Auch andere Spitzenpolitiker der Grünen räumen hinter vorgehaltener Hand ein, dass sie auf die CSU als Kooperationspartner lieber verzichten würden.

Juso-Chef Müller kritisierte: "In einer Riesen-Koalition droht Stillstand bei wichtigen Entscheidungen und die Verlagerung wichtiger Diskussionen in die Fraktionsspitzen." Bei Themen wie Mieterschutz, Verkehr, Kampf gegen Rechts oder Überwachung des öffentlichen Raums seien SPD und CSU viel zu weit auseinander, um eine "verlässliche progressive Politik" garantieren zu können.

Zudem sei die CSU unglaubwürdig, weil sie sich vor der Wahl gegen Koalitionen ausgesprochen hatte, nun aber ein Bündnis schmieden will. Die Vorbehalte der Jusos sind auch grundsätzlicher Natur. Mit Josef Schmid gebe es keine größeren Probleme, aber er repräsentiere nicht die gesamte CSU, lautet eine sowohl bei der SPD als auch den Grünen häufig zu hörende Einschätzung.

Parteichef Pfaffmann mahnt die SPD hingegen, ihre Verantwortung gegenüber der Stadt zu sehen. Mit einer breiten Mehrheit könne man wichtige Projekte vorantreiben. Stillstand befürchtet er eher, wenn man für jede Entscheidung eine neue Mehrheit basteln müsse. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) betrachtet die Kritik derzeit als Angelegenheit der Partei. "Ich habe als OB den Auftrag der Bürger, eine regierungsfähige Mehrheit zu bilden", sagte Reiter.

Eröffnungssitzung des Stadtrats
:Dieter Reiter als Münchner OB vereidigt

Leitlinien für seine Arbeit sollen Weltoffenheit, Toleranz und eine soziale Grundhaltung sein: Der neue Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter ist vereidigt worden. Für Lacher sorgten zwei Versprecher.

Auch SPD-Fraktionschef Alexander Reissl warnte vor einem rot-grünen Minderheitsbündnis. Eine solche Konstellation sei letztlich zur Handlungsunfähigkeit verdammt. "Man darf wichtige Entscheidungen nicht dem Zufall überlassen", sagte Reissl. Eine Mehrheitssuche von Fall zu Fall funktioniere möglicherweise in einem Dorf, nicht aber in einer Millionenstadt.

An die Adresse seiner Parteifreunde richtete Reissl die Mahnung, die Außenwirkung einer vermutlich sehr oft erfolglosen Koalition nicht zu vergessen. Vermutlich müsste Oberbürgermeister Reiter "eine Niederlage nach der anderen einfahren", was die Chancen der SPD bei der nächsten Wahl nicht verbessere.

Allerdings ist bei der SPD nicht nur das Verhältnis zur CSU belastet, sondern auch jenes zu den Grünen. In der Partei herrscht Unverständnis über den Trend zu schwarz-grünen Bündnissen, der sich in immer mehr Bezirksausschüssen abzeichnet. "Mir gefällt nicht, dass die Grünen da andere Prioritäten setzen", sagte Pfaffmann.

Andreas Lotte, der für die SPD im Landtag sowie im BA Schwanthalerhöhe sitzt, warf den Grünen sogar "Heuchelei" vor und bezeichnete seine BA-Kollegen als "Clique von machtversessenen Strippenziehern". "Ich hätte mir bessere Absprachen gewünscht, zum Teil auch von der eigenen Partei", sagte Pfaffmann. Auf die Stadtratsebene sollen die Querelen seiner Meinung nach aber keine Auswirkungen haben.

© SZ vom 9.5.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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