Koalition im Rathaus:Spannungen bei Rot-Grün nehmen zu

Das Klima in der Rathauskoalition hat sich weiter abgekühlt: Ein Grund ist die Kandidatenfrage für die OB-Wahl. Eine mögliche Spitzenkandidatur von Ude bei der Landtagswahl erschwert die Lage zusätzlich.

Dominik Hutter

Gut möglich, dass sich Christian Ude manchmal wie Heiner Geißler fühlt: als Schlichter, der das Schlimmste zu verhindern sucht. Denn knapp drei Jahre vor der Wahl nehmen die Spannungen in der rot-grünen Rathauskoalition beständig zu. Etwa zwei Wochen ist es her, dass sich die Spitzen von Rot-Grün wieder einmal zum Krisengespräch beim OB trafen - von einer echten Versöhnung kann aber keine Rede sein.

Ude reagiert zurueckhaltend auf Spekulationen ueber Spitzenkandidatur

Münchens Oberbürgermeister Christian Ude: "Es wäre ein großes Problem, wenn der Wahlkampf zu früh beginnt."

(Foto: dapd)

Die nächste Gefahr für den Koalitionsfrieden ist schon in Sicht: Bei SPD und Grünen geht spätestens im Herbst die Kandidatenauswahl für die OB-Wahl 2014 in die heiße Phase. Da gilt es, Profil zu entwickeln - auch auf Kosten des Partners. Und die aktuellen Spekulationen um eine mögliche Spitzenkandidatur Udes bei der Landtagswahl 2013 könnten weitere Unruhe in das nervöse Rathausbündnis tragen. Denn Ude, der meistens recht freundlich mit den Grünen umspringt, gilt auf beiden Seiten als wichtiges Scharnier der rot-grünen Koalition in München.

"Es wäre ein großes Problem, wenn der Wahlkampf zu früh beginnt", mahnt Amtsinhaber Ude. Dass das Buhlen um die Gunst der Wähler und Parteifreunde längst begonnen hat, lässt sich jedoch aus den Zänkereien der vergangenen Monate ablesen, bei denen es durchaus auch mal persönlich wurde. "Ich fürchte, dass die Spannungen wieder aufflackern", unkt Ude und vermutet, "dass Interventionen künftig immer notwendiger werden". Der OB ist daher überzeugt, dass die eigene Rolle für den Zusammenhalt der Koalition in den kommenden Jahren "immer wichtiger wird" - eine Einschätzung, die auch viele Stadträte teilen.

Bis zur Wahl 2014 soll die Koalition nach dem Willen der Partei- und Fraktionschefs halten und normal weiterarbeiten. Ob das klappt, ist ungewiss - es gibt gewichtige Stimmen, die nun mit einem fast drei Jahre andauernden Stillstand rechnen. "Es wird nicht einfacher", sagt Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker. "Der Wind, der uns gegenseitig um die Ohren bläst, wird deutlich kühler werden." Denn nach der Entscheidung für einen OB-Kandidaten gilt es, diese Person bis zur Wahl aufzubauen. Die internen Debatten bei SPD und Grünen laufen dabei ziemlich ähnlich ab: Soll man erstmals eine Frau ins Rennen schicken? Setzt man eher auf Seriosität und Erfahrung oder auf Aufbruchstimmung? Gegen welchen Gegner tritt man an? Und wer soll die abschließende Auswahl treffen - die Partei oder womöglich die Bürger über eine Art Vorwahl?

Ude will unbedingt daran festhalten, dass die Kandidatenkür weiter das Privileg der Parteimitglieder bleibt. Eine Urwahl fände er "sympathisch", fürchtet aber, dass eine Auswahl unter drei Bewerbern bei einem knappen Ergebnis alle Kandidaten beschädigen könnte. Einer der drei SPD-Bewerber, so Ude, müsste also noch rechtzeitig das Feld räumen. Es könnte also noch zu Verstimmungen innerhalb der SPD kommen. Zumal sich Ude bereits klar auf die Seite von Wirtschaftsreferent Dieter Reiter geschlagen hat.

Die Grünen stehen nicht besser da. Zwar signalisiert Bürgermeister Hep Monatzeder inzwischen Kompromissbereitschaft im Streit um die geplanten OB-Foren. Wie genau das öffentliche Schaulaufen, dem sich der Bürgermeister entziehen will, ablaufen soll, bleibt aber weiter unklar. Ude beobachtet das Treiben beim Koalitionspartner schockiert. Die Grünen würden "ihren bekanntesten und beliebtesten Politiker nach allen Regeln der Kunst demontieren". Allzu nett will Ude zu den Grünen dann aber doch nicht sein: "Ich glaube nicht, dass die modische Begeisterung für die Grünen so weitergeht."

Die Sticheleien nehmen derweil kein Ende. "Die SPD bangt um ihre Position", sagt Benker. "Es menschelt überall." Und SPD-Fraktionschef Alexander Reissl, der die Grünen gerne ruppig behandelt, findet es "nicht so prickelnd", wie leichtfertig die Grünen Geld für neue Projekte ausgeben wollen. "Man muss nicht jeden Tag die Welt retten."

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