Koalition im Münchner Rathaus:Grünen-Basis will die CSU nicht

Koalition im Münchner Rathaus: Ob sie zusammenkommen, ist fraglich: Dieter Reiter (SPD, li.), Sabine Nallinger (Grüne) und Josef Schmid (CSU) vor der Kommunalwahl in Trudering.

Ob sie zusammenkommen, ist fraglich: Dieter Reiter (SPD, li.), Sabine Nallinger (Grüne) und Josef Schmid (CSU) vor der Kommunalwahl in Trudering.

(Foto: Claus Schunk)

Ein rot-grün-schwarzes Dreierbündnis im Münchner Rathaus? Darauf haben die Grünen wenig Lust, stattdessen fordert Landtagsfraktionschefin Bause von der SPD "Mut zu einer Minderheitsregierung". Ein Streit innerhalb der Linken könnte die Lage womöglich ändern.

Von Silke Lode und Melanie Staudinger

Ein rot-grün-schwarzes Dreierbündnis im Münchner Stadtrat stößt auf große Widerstände bei der grünen Basis. Bei der Stadtversammlung lehnten es die Mitglieder mehrheitlich ab, CSU-Fraktionschef Josef Schmid zu einem ihrer Treffen einzuladen und sich über seine politischen Ziele zu informieren. Während die einen fürchten, dass die Grünen als Juniorpartner in deinem Dreierbündnis untergehen könnten, kritisieren die anderen, dass sich ihre Parteispitze zu sehr von der SPD vereinnahmen lasse. Zwar gab es bei der Stadtversammlung keine Abstimmung über Bündnisvarianten. Gemessen am Applaus aber fand die Forderung nach einer Minderheitsregierung den größten Anklang.

Das Treffen am Montagabend fand unmittelbar nach dem ersten Gespräch der Spitzen von SPD, CSU und Grünen statt. Gute Laune herrschte bei den Grünen im Hofbräukeller wahrlich nicht. Die Mitglieder sind enttäuscht, dass die rot-grünen Träume von der Alleinherrschaft geplatzt sind, dass sie trotz Stimmenzugewinnen jetzt vielleicht mehr Kompromisse eingehen müssen als gedacht. "In einer Dreierkonstellation mit der CSU können wir nichts blockieren. Wir haben kein Vetorecht, die anderen aber schon", sagte Angelika Strasser. Andere sehen die Gefahr, dass die Grünen nicht mehr als eigenständige politische Kraft wahrgenommen würden, sondern als Wurmfortsatz der SPD. "Ich bin nicht bereit, alles mitzutragen nur für ein paar Referentenposten und ein Bürgermeisteramt", sagte Beppo Brem. Den Wunsch von großen Teilen der Basis brachte Margarete Bause, Fraktionschefin im Landtag, auf den Punkt. Vom neuen OB Dieter Reiter verlangte sie, dass er sich "wie ein Mann hinstellen und Mut zu einer Minderheitsregierung beweisen soll".

Die Forderung kommt an bei der Basis, die bei der Kommunalwahl mit 16,6 Prozent zwar ihr bestes Ergebnis in der Landeshauptstadt erreichte, nun aber in einer Zwickmühle steckt. Die Mandatsträger hingegen spielen auf Zeit. "Wir müssen Optionen suchen, in denen sich grüne Inhalten am besten umsetzen lassen", sagte der bisherige Fraktionschef im Stadtrat, Florian Roth. OB-Kandidatin Sabine Nallinger erklärte betont diplomatisch, dass eine Minderheitsregierung zwar eine gute Option sei, es jetzt aber darum ginge, die bestmögliche Konstellation zu finden. Stadträtin Gülseren Demirel versprach, dass die Grünen niemals zwischen SPD und CSU untergehen würden.

Die Vorbehalte der Basis dürften es für das grüne Verhandlungsteam nicht leichter machen, denn auch die CSU ist gegenüber den Grünen deutlich skeptischer geworden. Fraktionschef Josef Schmid ist schwer enttäuscht, dass die Grünen nach der Stadtratswahl ausschließlich auf die SPD zugegangen sind und jedes Gespräch mit der CSU verweigert haben. Für die Dreiergespräche sind die Differenzen eine schwere Hypothek, und sie erhöhen die Chance, dass sich doch nur zwei Partner auf eine Minderheitsregierung beziehungsweise eine große Koalition einigen.

Echte Fortschritte gab es in der ersten Gesprächsrunde ohnehin nicht: SPD, Grüne und CSU haben sich weder geeinigt, wann sie über welche Themen reden wollen noch welche Form und Detailtiefe eine mögliche Kooperationsvereinbarung haben könnte. Unklar ist auch, ob die Gespräche stets in der Zwölfer-Runde oder auch in größeren oder kleineren Kreisen stattfinden sollen. Lediglich die Verschiebung der Bürgermeisterwahl sowie zwei weitere Termine wurden vereinbart. Treffen, für die es nicht einmal eine Tagesordnung gibt.

DKP-Mitglied in der Kritik

Bei den Münchner Linken tobt unterdessen ein heftiger Streit um den neu gewählten Stadtrat Cetin Oraner, wegen dessen DKP-Mitgliedschaft die Koalitionsgespräche mit SPD und Grünen geplatzt sind. In der jüngsten Kreisversammlung hat eine Mehrheit Oraner dazu aufgefordert, sein Mandat nicht anzunehmen. Nach diesem Votum trat der gesamte Vorstand zurück, Neuwahlen sollen im Sommer stattfinden.

Vor allem gewerkschaftsnahe Linke fühlten sich, so Stadträtin Brigitte Wolf, getäuscht, weil Oraner bei der Nominierung für die Stadtratsliste verschwiegen hat, dass er der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) angehört. Der neue Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) schloss daraufhin eine Zusammenarbeit mit der Linken aus. "Oraner wird sein Amt am 1. Mai antreten", sagte Wolf. Sie gehörte bei der Kreisversammlung zu seinen Unterstützern. Das Stadtratsmandat werde von dem Wähler, nicht von der Partei vergeben, erklärte sie.

Große Teile des gewerkschaftlichen Lagers allerdings sehen sich um die Beteiligung an einem Mehrheitsbündnis im Rathaus gebracht. Würde Oraner zurückziehen, würde ihm Florian Pollok nachfolgen. Er ist nach eigenen Angaben seit 2006 Gewerkschaftssekretär der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi). Mit ihm könnten Koalitionsverhandlungen mit der SPD wieder möglich sein. Bei der Kommunalwahl verlor die Linke einen Sitz im Stadtrat und ist nun mit Wolf und Oraner im Gremium vertreten.

Probleme für die Kleinen

Die geplante Fraktionsgemeinschaft von FDP, der Wählergruppe Hut und den Piraten steht vor dem Aus. Am Dienstag endete die Frist, bis zu der die drei Gruppierungen auf die juristischen Bedenken der Stadt reagieren mussten. Michael Mattar (FDP) kündigte zwar Änderungen an der gemeinsamen Geschäftsordnung an. "So ist die Fraktion rechtlich möglich", sagte er und hofft, dass ein Treffen mit OB Christian Ude am Mittwoch den Durchbruch bringt.

Doch Ude sieht die Sache so wie seine Juristen: negativ. "Der Zusammenschluss erscheint mir absolut unglaubwürdig", sagte Ude und verweist auf die Mieterschutz-Agenda von Hut, die konträr zu FDP-Positionen sei. "Der Verdacht, dass dies eine Scheinfraktion ist, um Staatsknete abzugreifen, liegt auf der Hand." Eine Ausschussgemeinschaft ist auch keine Lösung: die FDP darf sie nur für die Gremien eingehen, in denen sie nicht sitzt.

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