Klinikum Großhadern:Mädchen stirbt nach Routine-Untersuchung - Eltern erstatten Anzeige

  • Die Eltern des Mädchens werfen Mitarbeitern des Klinikums Großhadern vor, Hannah bei einer Untersuchung eigenmächtig eine Überdosis Schlafmittel verabreicht zu haben.
  • Das Klinikum hatte die Vorwürfe seinerzeit bereits zurückgewiesen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Es war eine eigentlich harmlose Routine-Untersuchung, vor fast genau drei Jahren im Klinikum Großhadern, doch die damals zweijährige Hannah kam danach nicht mehr zu Bewusstsein. Durch eine fragwürdige Medikamentengabe hatte das Kind einen schweren Hirnschaden erlitten.

Vorvergangene Woche ist Hannah in einem Kinderkrankenhaus gestorben; ihr Tod wird nun zum Fall für die Justiz. Die Eltern haben Strafanzeige gegen den damals zuständigen Arzt erstattet. Zudem läuft eine Schadenersatzklage vor dem Landgericht München I.

Die kleinwüchsige Hannah M. war im Klinikum Großhadern gut bekannt, wegen einer Wachstumsstörung des Skeletts befand sie sich dort in Behandlung des Sozialpädiatrischen Zentrums. Ihre Ärztin hatte damals eine Kernspin-Untersuchung der Wirbelsäule angesetzt. Da Patienten in der sehr lauten und beängstigend engen Röhre des Geräts absolut ruhig liegen müssen, hatte die Ärztin auf einem Rezept festgelegt, mit welcher Menge des Schlafmittels Chloralhydrat Hannah ruhiggestellt werden solle.

Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung

Die Eltern des Mädchens erheben durch ihren Rechtsanwalt Jürgen Klass schwerwiegende Vorwürfe: Mitarbeiter der Radiologie sollen dem Kind eigenmächtig eine Überdosis Schlafmittel verabreicht haben, weil es zu unruhig gewesen sei und damit den Zeitplan der Abteilung durcheinander gebracht habe. Anschließend sei die Mutter ohne weitere Kontrolle mit dem noch narkotisierten Mädchen heimgeschickt worden.

Das Klinikum hatte die Vorwürfe seinerzeit im Gespräch mit der SZ zurückgewiesen: Das Personal habe nur nach ärztlicher Absprache und in angemessener Dosis sediert - die Hirnschädigung sei vermutlich auf eine Grunderkrankung zurückzuführen.

In seiner Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft hält Anwalt Klass jedoch fahrlässige Körperverletzung für gegeben. Hannahs Mutter hätte auf die zum Teil tödlichen Folgen einer Sedierung mit Chloralhydrat hingewiesen werden müssen, sagt er. Zumal die Sedierung mit diesem Präparat bei Kindern nur selten zeitnah Wirkung zeige und daher für die Durchführung der geplanten Untersuchung "wahrscheinlich ungeeignet" war.

Der Mutter hätte die Alternative einer Narkose unter Überwachung aufgezeigt werden müssen. Wären ihr die Risiken von Chloralhydrat bekannt gewesen, hätte sie niemals ihr Einverständnis gegeben, sagt der Anwalt - insbesondere nicht zur Nachsedierung.

Es ist noch unklar, wann es zur Gerichtsverhandlung kommt

In der Strafanzeige steht, dass die Gabe des Medikaments zum Atemstillstand geführt habe. Der damit verbundene höhere Kohlenstoffdioxidgehalt des Blutes sei aber mit sichtbaren Symptomen verbunden: Hautrötung, Muskelzuckungen - später dann Panik und Krampfanfälle, bevor der Betroffene ins Koma fällt.

All das wäre aufgefallen, sagt Klass, hätte man das Kind engmaschig überwacht. Womöglich hätte man dann Hannah noch retten können. Seit geraumer Zeit ermittelt die Staatsanwaltschaft in dem Fall, derzeit warte man noch auf das Ergebnis eines anästhesiologischen Fachgutachtens, sagte am Montag ihr Sprecher Thomas Steinkraus-Koch.

Auch in dem Zivilverfahren wegen Schadenersatz vor dem Landgericht München I wird auf solch eine Expertise gewartet: Die 9. Kammer hat einen Experten für Anästhesiologie von der Uni-Klinik Aachen als Sachverständigen bestellt.

Er soll vor allem erklären, ob die Ärzte damals das Mittel Chloralhydrat verwenden durften, ob die Dosis stimmte, ob eine nichtärztliche Mitarbeiterin dem Mädchen das Anästhetikum verabreichen durfte und ob die Zweijährige zu wenig überwacht worden ist. Das Gutachten wird spätestens im Mai erwartet. Wann der Fall Hannah dann vor Gericht verhandelt wird, steht noch nicht fest.

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