Kliniken:Knochenbruch durch Schneeglätte

Kliniken: Sandra Boehme wird nach ihrem Sturz von Gerhard Metak behandelt.

Sandra Boehme wird nach ihrem Sturz von Gerhard Metak behandelt.

(Foto: Robert Haas)

In den Notaufnahmen herrscht reger Betrieb, denn Schnee und Eis machen nicht nur älteren Menschen zu schaffen. Ärzte geben Tipps, wie man Unfälle verhindern kann.

Von Alessa Becker

Sandra Boehme kann mittlerweile über ihren Unfall lachen. Das Schlimmste hat sie überstanden, ihr Bein ist in einem orthopädischen Stiefel fixiert, sie hat ein Krankenbett am Fenster erwischt, die Zimmernachbarinnen sind freundlich. Vor ein paar Tagen noch ging es ihr viel schlechter, sie hatte Schmerzen und musste operiert werden. "Ich habe mich bei einem harmlosen Nachtspaziergang verletzt", sagt die 18-Jährige. Sie rutschte bei Schnee und Eis auf einer glatten Straße in Solln aus. "Als ich mich an meinem Freund festhalten wollte, fiel er auf mich" - und verursachte einen Bruch ihres Wadenbeins. Ihrem Freund geht es gut, "er ist ja weich gefallen", sagt Boehme und lacht. Sie aber musste ins Krankenhaus.

Auf dem Sana Gesundheitscampus sieht sich Gerhard Metak, Facharzt für Unfallchirurgie, das Röntgenbild von Sandra Boehme an. Darauf ist klar und deutlich eine kleine Titanplatte zu sehen, die die Fraktur zusammenhält. "In sechs Wochen kann die Patientin wieder voll auftreten und in einem Jahr nehmen wir die Platte raus", erklärt Metak. Glatteis-Unfälle sind bei ihm derzeit an der Tagesordnung. Dieses Jahr würden etwa 50 Prozent mehr Patienten als im vergangenen Jahr eingeliefert, die bei Schnee und Eis gestürzt seien. "Nicht nur ältere Leute, auch junge Patienten verletzten sich bei diesen Wetterverhältnissen." Metak zeigt seinen Patienten an einem Automodell, wie sie mit Brüchen und gerissenen Bändern im Alltag umgehen können. "Mit einem gebrochenen Bein sollte man sich beispielsweise erst mit dem Rücken voraus ins Auto setzen und dann das Bein eindrehen", sagt er.

Auch Andreas Römer, Chefarzt der Klinik für Physikalische Medizin, Frührehabilitation und Geriatrie an der München Klinik Schwabing, hat dieser Tage alle Hände voll zu tun: "Gerade ältere Menschen sind gefährdet auszurutschen, weil sie nicht mehr so mobil sind." Ein Oberschenkelhalsbruch sei die häufigste Folge, denn "die Knochendichte nimmt mit zunehmendem Alter ab". Auch eine Fraktur des Handgelenks, Bänderrisse oder ein gebrochenes Sprunggelenk sind keine Seltenheit. Häufig würden die Patienten gar nicht sofort merken, dass etwas gebrochen ist, sie "gehen dann erst mal nach Hause und in der Nacht kommen die starken Schmerzen". Auch Sandra Boehme dachte anfangs, alles sei halb so schlimm, "bis das Bein dann nachts sehr weh getan hat und angeschwollen ist", sagt sie. Ein Besuch in der Notfallambulanz war unvermeidbar.

Römer empfiehlt Senioren, bei Glätte möglichst wenig Wege zu Fuß zurückzulegen, "wenn, dann mit festen Schuhen, die ein gutes Profil haben". Ratsam sei es auch, sich beim Gehen auf entsprechend rutschfesten Walkingstöcken abzustützen und vielleicht sogar einen Hüftprotektor zu tragen. "Das ist ein Hüftschutzgürtel, so wie ihn auch Skifahrer für den Rücken haben."

Tobias Helfen, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie des LMU-Klinikums, gibt Tipps für den richtigen Gang: "Wir lernen dabei von den Tieren und empfehlen den sogenannten Pinguingang." Die Körperachse gerade halten, Beine durchgestreckt lassen, platt auftreten und den Oberkörperschwerpunkt nach vorn verlagern - so schaffen es Pinguine, nicht hinzufallen. "In den frühen Morgenstunden, wenn die Straßen nicht komplett gestreut und geräumt sind, gibt es die meisten Unfälle", sagt Helfen. Aber auch bei Blitzeis könnten über den Tag verteilt viele Patienten eingeliefert werden. "Wir sind auf einen Ansturm vorbereitet, gerade wenn es nächste Woche anfängt zu regnen und das Wasser gefriert", sagt Gerhard Metak.

Seine Patientin Sandra Boehme lernt derweil im Krankenzimmer schon auf die Prüfungen im Februar. "Der Unfall kam genau zum falschen Zeitpunkt", sagt die BWL-Studentin. Ein Urlaub auf den Malediven ist nach den Prüfungen auch noch geplant. "Bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen könnte die Titanplatte Probleme machen, aber dafür können wir einen Implantatepass ausstellen", beruhigt Metak sie. Ihrem Freund ist Sandra Boehme nicht böse. "Er besucht mich häufig im Krankenhaus und letztendlich konnte er ja auch nichts für den Sturz." Metak stimmt ihr zu: "Glätteunfälle passieren nun einmal leider häufig bei den Wetterbedingungen."

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