Protestaktion in Berlin:Münchner Klimaaktivist will Hungerstreik unterbrechen

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Klimaaktivist Wolfgang Metzeler-Kick will seinen Hungerstreik im Berliner Protest-Camp unterbrechen. (Foto: John MacDougall/AFP)

Seit drei Monaten lebt Wolfgang Metzeler-Kick in einem Camp in Berlin ohne zu essen. Nun kündigt er an, wieder Nahrung zu sich nehmen, zumindest vorübergehend.

Von Bernd Kastner

Seit Anfang März läuft in Berlin ein Hungerstreik von vier Klimaaktivisten. Sie wollen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu bringen, die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen anzuerkennen. Der Initiator der Aktion „Hungern bis ihr ehrlich seid“ ist der Münchner Wolfgang Metzeler-Kick. Nach Angaben des Unterstützungsteams im Protest-Camp sei sein Zustand zuletzt „akut lebensgefährlich“ gewesen.

Ursprünglich hatte Metzeler-Kick angekündigt, von dieser Woche an auch nichts mehr zu trinken. Nun ändere er seine Strategie: Er wolle wieder feste Nahrung zu sich nehmen. Beigetragen zu dieser Strategieänderung habe die Regierungserklärung des Kanzlers am Donnerstag. Die Aktivisten werten es positiv, dass Scholz eine Verbindung zwischen der Hochwasserkatastrophe und der Klimakrise benannt habe. Metzeler-Kick: „Es reicht noch nicht, aber wir sehen positive Veränderungen in den Statements des Kanzlers.“

Eine Camp-Sprecherin sagte, man hoffe, dass die Regierung sich in den kommenden Tagen gesprächsbereit zeige. Die Aktivisten wollten mit der vorübergehenden Unterbrechung des strikten Hungerstreiks den Vorwurf entkräften, die Politik erpressen zu wollen. Man gebe der Regierung etwas mehr Zeit, „ihren guten Willen zu beweisen“.

Sollte es weiter kein Einlenken geben, werde man den Hungerstreik aber kommende Woche fortsetzen. Metzeler-Kick betonte, dass er nicht sterben wolle, aber: „Ich bin bereit, mein Leben zu riskieren, damit die wissenschaftlichen Fakten zur Klimakatastrophe endlich öffentlich ausgesprochen werden.“ Zu den Forderungen der Gruppe gehört, der Kanzler solle öffentlich erklären, dass bereits jetzt Hunderte Gigatonnen CO₂ zu viel in der Atmosphäre seien. Zudem verlangt Metzeler-Kick von Scholz, dass er erkläre: „Der Fortbestand der menschlichen Zivilisation ist durch die Klimakatastrophe extrem gefährdet.“ Und: „Wir müssen jetzt, wenn auch mit Jahren Verspätung, radikal umsteuern.“

Metzeler-Kick, 49, gehört zu den bekanntesten und radikalsten Klimaaktivisten der „Letzten Generation“; der Hungerstreik, dem sich drei weitere Männer angeschlossen haben, ist aber keine Aktion dieser Gruppe. Michael Winter aus Garching hat seinen Hungerstreik wegen großer gesundheitlicher Probleme Mitte Mai nach 31 Tagen abgebrochen.

Das Camp ist als Dauerversammlung angemeldet. Zunächst stand es unweit des Reichstags, seit Ende April im Invalidenpark beim Wirtschaftsministerium. Am Dienstagabend ist Metzeler-Kick nach Angaben des Camp-Teams wegen eines Kreislaufkollapses in eine Berliner Klinik eingeliefert worden.

Würden die Berliner Behörden zulassen, dass sich jemand womöglich im öffentlichen Raum zu Tode hungert? Ein Sprecher der Berliner Polizei erklärt, dass ihre Aufgabe sei, die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten. Falls sich jemand im Camp in Lebensgefahr befinde, werde man selbstverständlich Rettungskräfte alarmieren. Eventuell müsse man prüfen, ob es rechtlich möglich sei, bestimmte Personen von der Versammlung auszuschließen, sprich: Menschen in Lebensgefahr. Für eine Räumung des Camps, um einen Todesfall zu verhindern, müsste die Initiative vom zuständigen Bezirksamt Mitte ausgehen.

Ein Sprecher dieser Behörde erklärt, dass man nur „in einer äußerst gravierenden akuten Situation“ eingreifen dürfe, wenn ein Versammlungsteilnehmer sich in einer „akuten Psychose befindet“, also nicht mehr zurechnungsfähig sei. Für „willentliche Selbstverletzungen“ sei das Gesundheitsamt nicht zuständig. Man dürfe und wolle eine Meinungsäußerung nicht als Resultat einer psychischen Erkrankung brandmarken. „Letzteres gilt es mit aller Kraft zu vermeiden, denn dies wäre ein illegaler Eingriff in die Freiheit der Betroffenen.“

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