An einem Vormittag im Frühjahr 2023 bouldert Natascha Reichert in einer Münchner Halle. Sie erinnert sich rückblickend, dass die Halle an dem Tag nicht so überfüllt gewesen sei wie sonst. An den Wänden hingen bunte Griffe, an denen Sportlerinnen und Sportler kraxeln - manche sitzen auf den Weichbodenmatten und ratschen. Plötzlich spricht sie ein Mann an: "Er meinte, er habe mich schon öfter in der Halle gesehen." Reichert kennt sich in der Szene aus. "Ihn habe ich zu dem Zeitpunkt zum ersten Mal gesehen." Mit dem ersten Satz geht dann eine einseitige Konversation los. "Er erklärte mir dann ungefragt, wie ich die Route zu klettern habe." Der Mann weicht ihr nicht von der Seite. Als sie den Sektor der Halle wechselt, folgt er ihr, redet auf sie ein. Zum Beispiel sagt er, als beide vor einer schweren Route standen: "Die kann ja nur von einem Mann geschraubt worden sein." In diesem Fall war es dann auch wie in so vielen anderen Momenten: Der Mann wollte ihr, ebenfalls ungefragt, die Route vorklettern. Am Ende sagte er noch: "Für eine Frau bist du aber ganz schön stark." Reichert war baff: "Das musste ich erst einmal verarbeiten." Dann habe sie höflich und freundlich reagiert und sei gegangen - "Mittlerweile würde ich es anders machen."
Sexismus und Diskriminierung im Boulder-Sport:"Für eine Frau bist du ganz schön stark"
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Freddy Petri und Natascha Reichert organisieren einen diversen Klettertreff. Warum? Zu oft haben die beiden Münchnerinnen schon unangenehme Situationen mit Männern erlebt.
Von Nicolas Friese
Routenbauer beim Bouldern:An der Wand eine Lösung finden - allein
Zo Ebelt macht seinen Doktor darüber, wie Menschen ihre Entscheidungen treffen. Und erlebt das hautnah in der Boulderhalle, wenn Sportler seine neue Route ausprobieren.
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