Süddeutsche Zeitung

Kritik:Der junge Hexenmeister

Klaus Mäkelä mit dem Orchestre de Paris und Geigerin Janine Jansen in der Isarphilharmonie.

Von Reinhard Brembeck

Klaus Mäkelä ist 27 Jahre alt, Dirigent und schon ein durch Poesie, Spielfreude und Visionen überwältigender Musiker, den derzeit alle hören und haben wollen. Jetzt steht der schlaksig große und immer gut gelaunte Mann in der Isarphilharmonie und führt sein Orchestre de Paris - er leitet es seit 2021 - durch das Geigenkonzert von Jean Sibelius, durch die "Symphonie fantastique" von Hector Berlioz. Beide Stücke spielen eigenwillig mit Tradition und Hörgewohnheiten, sie kombinieren Gängiges mit Verquerem, Populistisches mit Visionärem - und sind doch in sich stimmige Solitäre.

Klaus Mäkelä zaubert da immer wieder Idyllen, schillernde Klangfäden finden sich in zarten Geflechten zusammen, der Klang ist leuchtend sanft, mild und weich. Mäkelä bringt die Klänge zum Tanzen. Er treibt an, doch seine Leidenschaft ist nie gewalttätig. Deshalb gelingen ihm, das ist ein Riesenwunder selbst bei solch einem Wundermann, die langsamen Sätze genauso intensiv belebt wie die schnellen. Besonders die sich oft 20 Minuten eher dürr dahinziehende Landszene von Berlioz wird bei Mäkelä zu einem vor Vorfreude zitternden Mitsommerliebesnachtstraum, der die Ängste jedes Liebenden erfühlbar macht.

Die Geigerin Janine Jansen hat in Mäkelä einen Dirigenten, der den Orchesterpart bei Sibelius ungewohnt ernst nimmt und ihr ein Partner ist, der sie nie bedrängt, nie bevormundet, nie übertönt. Fordernd aber ist Mäkelä schon und zwar nicht nur im rasant gerockten Schlusssatz: Jansen wird da zur Hochseilartistin, die die gewagtesten Sprünge und Kapriolen wagemutig virtuos hinlegt.

Aber schon im Naturweben des Beginns fordert Mäkelä Jansen dazu auf, immer noch ein bisschen schöner und verlockender zu spielen als die wundervollen Pariser Musiker, die das Leise mit genauso viel Hingabe lieben wie die Vulkaneruptionen in Berlioz' Hexensabbat, mit dem sie sich samt ihrem Meister Mäkelä vollends ins Herz des Münchner Publikums katapultieren.

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