Klaus Buchner:"Die EU muss demokratischer werden"

Klaus Buchner: Der ÖDP-Politiker Klaus Buchner ist Physiker und Professor. Bis 2010 war er Bundesvorsitzender seiner Partei, seit 2014 sitzt der 77-Jährige im Europäischen Parlament.

Der ÖDP-Politiker Klaus Buchner ist Physiker und Professor. Bis 2010 war er Bundesvorsitzender seiner Partei, seit 2014 sitzt der 77-Jährige im Europäischen Parlament.

(Foto: Simone Lettenmayer)

Der 77-jährige Münchner sitzt als Einzelkämpfer für die ÖDP im Europäischen Parlament und wird im Mai 2019 erneut kandidieren. Warum tut er das?

Interview von Dominik Hutter

Klaus Buchner will es noch mal wissen. Der 77-jährige Münchner sitzt als Einzelkämpfer für die ÖDP im Europäischen Parlament und wird im Mai 2019 erneut kandidieren. Warum tut er das?

SZ: Was kann man in Straßburg für München bewirken?

Klaus Buchner: Man kann sehr viel bewirken. Was genau, hängt vor allem davon ab, in welchem Ausschuss man sitzt. Ich habe mich im Wesentlichen auf den Ausschuss für Außenhandel verlegt, und da kann ich ziemlich große Erfolge vorweisen. Es geht um die Kontrolle des Außenhandels, so wurden etwa im Arabischen Frühling Regimegegner mit europäischer Technologie identifiziert und dann verhaftet. Die EU-Kommission hat endlich reagiert und eine neue Gesetzgebung initiiert. Die konnten wir gegen große Widerstände durchsetzen, ich war der verantwortliche Berichterstatter.

Was ist Ihre Motivation, noch einmal anzutreten?

Ich will diese Gesetzgebung noch komplett fertigstellen. Im Ministerrat, der ja bei der Gesetzgebung gleichberechtigt ist, gibt es große Widerstände. Schweden und Finnen wollen die verstärkte Kontrolle kaputtmachen. Die haben wohl die Hoffnung gehabt, dass ich das Feld für Jüngere räume. Aber den Gefallen tue ich ihnen nicht. Wenn ich nicht mehr antreten würde, ginge die Federführung an jemand anderes über, vermutlich die CDU. Und die Bundesregierung spielt bei diesem Thema angesichts eines jährlichen Exports in Milliardenhöhe eine zweifelhafte Rolle.

War das Ihr wichtigstes Projekt?

Es gibt eine Reihe von wichtigen Projekten. Zum Beispiel bei der Energiewende. Hier blockiert die Bundesregierung, wir bräuchten nämlich dringend effektive Stromspeicher. Derzeit verwenden wir Braunkohlestrom, um im Netz die Schwankungen beim Ökostrom auszugleichen. Das wird auch als Erklärung für die Notwendigkeit der Kohleförderung im Hambacher Forst verwendet. Es gibt aber andere Techniken, mit Methan und Wasserstoff etwa.

Sie kamen über die ÖDP-Liste ins Parlament, weil es keine Fünf-Prozent-Hürde gibt. Kann man als Einzelkämpfer überhaupt viel ausrichten?

Sehr viel sogar. Ich habe sicher sehr viel mehr ausgerichtet als mancher Hinterbänkler der CSU. Ich habe etwa durchgesetzt, dass bei Zuwanderern keine Ehen von Zwölfjährigen mehr anerkannt werden. Als Einzelkämpfer muss man mit wechselnden Mehrheiten arbeiten, zwischen den offiziellen Verhandlungen viel mit Kollegen sprechen und deren Motive erfahren. Deshalb sitze ich auch jeden Tag mindestens zwölf Stunden im Parlament.

Nach einer Amtszeit: Was muss sich unbedingt ändern im EU-Parlament?

Die gesamte EU muss demokratischer werden. Das Parlament hat nicht die Rechte, über die man normalerweise in einer Demokratie verfügt. Es kann selbst keine Gesetze initiieren, es kann nicht über Außen- und Sicherheitspolitik entscheiden, und es kann nicht die Regierung, in diesem Fall die Kommission, wählen und kontrollieren. Wenn die EU auf Dauer Bestand haben soll, und das wollen wir ja alle, muss sich da etwas grundsätzlich ändern. Ich verstehe die Leute, die Kritik an der EU üben.

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