Es soll Klassikfans geben, die setzt bereits der Juni derart unter Stress, dass sie ihren Jahresurlaub nehmen, um wenigstens einen Bruchteil der Konzertangebote in diesem Monat wahrnehmen zu können. Wohl wissend, dass es im Juli und August dann noch dicker kommt (Münchner Opernfestspiele, dann Salzburg und Bayreuth). Aber vielleicht ist das Ganze ja nur eine Frage von Training, Organisation – und das nötige Kleingeld braucht’s natürlich auch.
Dem Münchner Klassikpublikum steht im Juni ein sehr ambitionierter, schöner Marathon bevor: Noch bis zum 10. Juni läuft die Münchener Biennale, das Festival für neues Musiktheater. Es wird quasi abgelöst vom Nymphenburger Sommer, das famose Kammermusik-Festival feiert heuer seinen 20. Geburtstag. Gäste im Hubertussaal sind zum Auftakt ein Klavierquartett aus Meisterschülern des berühmten Curtis Institute of Music in Philadelphia (7. Juni), dann das Gewandhaus-Quartett (15. Juni), das junge Trio Bohémo aus Prag (25. Juni), das Isidore String Quartet aus New York (28. Juni) sowie der gefeierte junge Bariton Konstantin Krimmel, begleitet vom erfahrenen Gerold Huber am Klavier (30. Juni).
Was den großen Orchesterklang in diesem Juni angeht, sind für Sir Simon Rattle und sein BR-Symphonieorchester im Herkulessaal (6. und 7. Juni) nur noch Stehplatzkarten zu haben. Noch eine gute Auswahl an Plätzen hat man, wenn dort Daniel Harding das BRSO in Vertretung für Franz Welser-Möst leitet (13. und 14. Juni). Solist bei dem Programm mit Beethoven und Strauss ist Leif Ove Andsnes. An den norwegischen Pianisten, der in seinem Heimatland tief in den Fjorden ein Kammermusikfestival gegründet hat, erinnert man sich noch als großartigen Liedbegleiter seiner Landsfrau Lise Davidsen 2022 im Cuvilliés-Theater.

Definitiv ein anderes Pianistentemperament als der zurückhaltende Leif Ove Andsnes hat der chinesische Klassik-Superstar Lang Lang. Er kommt am 18. Juni in die Isarphilharmonie, mit Schumanns „Kreisleriana“ und Mazurken von Chopin. Sie haben auch schon gemeinsam konzertiert, die beiden einstigen Wunderkinder Lang Lang und Anne-Sophie Mutter. Die Geigerin spielt am 9. Juni in der Isarphilharmonie, Fabio Luisi leitet das Dallas Symphony Orchestra. Wie auch beim Konzert von Lang Lang sind aktuell keine Karten mehr zu haben, vielleicht hat man noch Glück an der Abendkasse.
Er ist aktuell der gefragteste Dirigent der Welt, die Rede ist von Klaus Mäkelä. Der 28-Jährige ist Musikdirektor des Orchestre de Paris, 2027 wird er neuer Chefdirigent des Chicago Symphony Orchestra und auch noch des Concertgebouw Orchestra in Amsterdam, zwei der besten Orchester überhaupt. Der „fantastische Finne“, dem ob seiner Jugend auch viel Ressentiment entgegenschlägt, steht am 20. und 22. Juni in der Isarphilharmonie am Pult der Münchner Philharmoniker mit Arnold Schönbergs „Verklärte Nacht“ und Richard Strauss’ „Alpensinfonie“.
Wie Mäkelä hat auch der Schweizer Lorenzo Viotti einen steilen Aufstieg hingelegt. Die Gene? Sein Vater ist der früh verstorbene Dirigent Marcello Viotti, seine Mutter ist Geigerin, die Geschwister sind ebenfalls Profimusiker. Derzeit ist der 34-jährige Lausanner Chefdirigent der Niederländischen Nationaloper und des Netherlands Philharmonic Orchestra, möchte jedoch – anders als Mäkelä – in Zukunft kürzertreten. Wer Viottis Instagram-Account verfolgt, und das tun viele, ahnt warum. Der Mann, der seinen Six-pack-Athleten-Körper dort großzügig präsentiert, ist auch ein großer Sportler und genießt das Leben. Ein Grund mehr, Viotti und die Philharmoniker nicht zu verpassen am 7. und 8. Juni in der Isarphilharmonie. Es gibt Rachmaninows „Symphonische Tänze“ und „Die Glocken“. Exquisit dabei auch die Sänger-Riege mit Marina Rebeka, Andrew Staples und Albert Dohmen.