Kritik:Maximal weit weg vom Herkulessaal

Die neue, junge Reihe "Feet Become Ears" im "Zirka" will sich abgrenzen vom herkömmlichen Klassikbetrieb: Ein Abend mit Werken von Mitbegründerin Sophia Jani.

Von Rita Argauer

Die alte Halle an der Dachauer Straße hat einen für München immer noch untypischen Abrisscharme. "Zirka" nennt sich dieser neue Ort neben dem Pathos-Theater. Und es ist bezeichnend, dass man sich genau den für die neue, junge Klassik-Reihe "Feet Become Ears" ausgesucht hat.

Denn die Musik, die hier aufgeführt wird, soll als maximal weit weg von Herkulessaal und Co. empfunden werden. Ist auch so. Ein Kollektiv junger Musiker und Komponistinnen veranstaltet die eigene Musik in Leipzig und in München. Die zweite Ausgabe widmete sich monografisch dem Werk von Kollektiv-Mitbegründerin Sophia Jani. Die hat in München und in Yale studiert. Im vergangenen Jahr erschien ein erstes Album mit ihren Werken, die dann auch im Konzert gespielt werden.

Es fühlt sich an wie ein Popkonzert: Zur sanft blubbernden elektronischen Einlassmusik betritt man den Raum mit Getränk in der Hand. Am Anfang spielen Klavier, Cello, Geige, Klarinette und Bassklarinette unisono dunkle, aber harmonische Akkorde. Langsam schwellen und schweben die Instrumente auseinander. Die Klangfläche fächert sich auf. Doch der Grundton wird umgarnt, es bleibt harmonisch.

Tonal offenes Mindset

Sicher, Sophia Jani verortet sich mehr im Minimal als in der atonalen Tradition der Neuen Musik. Das wird vor allem im darauffolgenden Holzbläserquintett deutlich, das rhythmisch stark auf pulsierende Strukturen setzt oder auch im ersten dreier Stücke für Violine Solo, in dem sich eine sanfte Melodie aus einer immer gleichbleibenden über alle Saiten wippenden Bogenbewegung herausschält. Doch diese neue Hinwendung zur Harmonie ist auch auffällig für eine Komponistin, die sich mit ihrer Musik doch von den noch sanfteren, noch zugänglicheren Spielarten der Neoklassik absetzt.

Manchmal wird auch Janis neoromantischer Minimal, der in einem Solo-Klavierstück harmonisch beinahe an Schumann erinnert, ein bisschen zu brav. Dann bleibt selbst das Dunkeltönige ein angenehmes Dunkel. Ganz anders aber im dritten Stück für Solo-Violine, das Teresa Allgaier an diesem Abend uraufführt. Unter dem Titel "Grandezza" bäumen sich die Klänge in alarmistische Höhen auf, schneidende Glissando-Sirenen begegnen schönen Akkorden. Hier liegt eine beglückende Ahnung, was mit klassischen Besetzungen und einem tonal offenen Mindset musikalisch alles noch passieren kann.

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