Süddeutsche Zeitung

Klage vor Gericht:Die Frisur sitzt nicht

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Die Haare seien zu kurz geschnitten, man könne die Kopfhaut hindurch sehen. Das waren die Vorwürfe einer unzufriedenen Frau nach einem Friseurbesuch. Doch es blieb nicht bei der Beschwerde. Die Kundin verklagte ihre Friseurin auf Schmerzensgeld.

Ekkehard Müller-Jentsch

Vielleicht hatte eine "gute Freundin" gestichelt: Denn erst zwei Tage nach ihrem Friseurbesuch kam eine Kundin zurück in den Salon und beschwerte sich, durch den letzten Haarschnitt "entstellt" worden zu sein. Schließlich verklagte die Münchnerin ihre Friseurin sogar auf Schmerzensgeld. Solch eine finanzielle Genugtuung ist prinzipiell auch nach einem Haarschnitt möglich, erklärte der Amtsrichter - aber dann müsse es schon um mehr gehen, als um bloße Verärgerung oder Enttäuschung.

Die Kundin schilderte in der Verhandlung, dass sie eine Haarfärbung und ein Kürzen der Haarspitzen verlangt habe. Sie habe die Friseurin ausdrücklich darum gebeten, dass vor allem am Deckhaar nur ein halber Zentimeter weggeschnitten werden solle, da sie von Natur aus sehr dünnes und feines Haar habe. Die verklagte Friseurin entgegnete, dass die Kundin den Schneidevorgang doch beobachtet und zu keinem Zeitpunkt Einwände erhoben habe.

"Am Ende zeigte sie sich zufrieden mit der Haarfarbe und der Haarlänge - verzichtete aber wegen eines direkt anschließenden Termins bei der Kosmetikerin auf das Föhnen." Zwei Tage später war sie dann schimpfend zurückgekommen: Die Haare seien zu kurz geschnitten worden, sie habe jetzt richtige Löcher, durch die man die Kopfhaut sehe. Deshalb solle ihr die Friseurin ein Schmerzensgeld zahlen.

Schmerzensgeldansprüche nach einem Friseurbesuch kommen in Betracht, wenn infolge der Haarbehandlung dauerhafte Schäden am Haar oder der Kopfhaut verursacht wurden", sagte der Richter und sah ganz genau hin. "Das liegt hier nicht vor", stellte er dann fest. "Die bloße Missachtung eines persönlichen Wunsches einer Kundin genügt für einen Schmerzensgeldanspruch nicht." Dieser komme allenfalls noch in Betracht, wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kundin so beeinträchtigt sei, dass sie durch einen völlig misslungenen Haarschnitt quasi entstellt sei - davon könne hier aber ebenfalls keine Rede sein.

Der Richter wies die Klage deshalb ab. Dass die Kopfhaut der Frau durchscheine, sei auf den individuellen natürlichen Haarzustand der Klägerin zurückzuführen und nicht auf den Schnitt der beklagten Friseurin. Dass man diese Stellen nach einem Besuch beim Friseur noch stärker sehe, liege in der Natur der Sache. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kundin sei darin nicht zu sehen. Zudem habe die Kundin während des Haareschneidens keinerlei Einwände vorgebracht, die Friseurin durfte also annehmen, dass der Schnitt wunschgemäß sei. "Schon aufgrund dieses Mitverschuldens der Kundin kommt ein Schmerzensgeldanspruch nicht in Betracht", sagte der Richter. Sein Urteil ist rechtskräftig (Az.:1 73 C 15875/11).

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Quelle:
SZ vom 17.04.2012
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