Süddeutsche Zeitung

Klage eines Studenten:Bargeld aus Uni-Schließfach verschwunden

  • Weil zwei Hausmeister unaufmerksam waren, kamen einem Gasthörer der LMU mehr als 6000 Euro abhanden.
  • Das Geld bekommt der Mann nun vom Freistaat Bayern zurück, hat das Landgericht München entschieden.
  • Der Mann hatte seinen Geldbeutel mit dem Bargeld in einem Schließfach in der Universität deponiert.

Von Stephan Handel

6660 Euro kostet den Freistaat Bayern die Unaufmerksamkeit zweier Hausmeister an der LMU. Jedenfalls verurteilte das Landgericht in einem am Mittwoch verkündeten Urteil die LMU - und damit die öffentliche Hand -, einem Gasthörer diesen Betrag zu ersetzen, der ihm im März 2017 abhanden kam.

Der Mann hatte an dem fraglichen Tag 6280 Euro abgehoben, was er durch seine Kontoauszüge beweisen konnte. Dann begab er sich in ein LMU-Gebäude an der Schellingstraße und arbeitete in einem Computerraum. Später traf er dort eine ehemalige Kollegin und verabredete sich mit ihr zum Abendessen. Bevor sie gingen, zeigte er der Bekannten seine Geldbörse - sie bestätigte später, dass darin 6460 Euro gewesen seien, das abgehobene Geld und 180 Euro zusätzlich. Man beratschlagte, ob es sicherer sei, die ganze Summe mit ins Restaurant zu nehmen - oder sie in einem der Schließfächer im Uni-Gebäude einzusperren. Schließlich entschied sich der Mann für Letzteres, nahm nur 60 Euro an sich für den Restaurant-Besuch.

Dieser war um 22.30 Uhr beendet. Da allerdings war die Uni bereits abgeschlossen. Also ging der Mann am nächsten Tag, allerdings erst gegen Abend, erneut hin - und stellte zu seinem Entsetzen fest, dass die Schließfächer geöffnet und geleert worden waren, wohl von den Hausmeistern. Die Benutzungsordnung für die Schließfächer bestimmt, dass diese eine Viertelstunde vor Schließung des Gebäudes freigemacht werden müssen. Klären konnte er die Angelegenheit da nicht mehr. Am Tag darauf wurde ihm gesagt, dass entnommene Gegenstände an der Pforte aufgehoben werden. Dort erfuhr er zweierlei: dass in allen geleerten Schließfächern nur Müll gewesen sei. Und dass dieser Müll von der Entsorgungsfirma bereits abgeholt wurde.

Immerhin: Bei der Firma standen die Müllsäcke noch herum. Der Mann engagierte bei der Jobvermittlung vier Arbeiter, diese durchsuchten sechs Stunden lang die Säcke, wofür er ihnen 240 Euro bezahlte. Die Geldbörse allerdings fanden sie nicht, die 6400 Euro waren verschwunden.

Die Klage richtete sich nun gegen den Freistaat Bayern wegen Amtshaftung - die Frage war, ob die beiden Hausmeister bei der Leerung der Schließfächer ihre Amtspflichten schuldhaft verletzt haben. Das Gericht formuliert im Urteil drei denkbare Szenarien: Die Hausmeister könnten den Geldbeutel tatsächlich unbesehen in den Müll geworfen haben. Sie könnten ihn, auch das ist nicht ausgeschlossen, zusammen mit anderen Gegenständen aus den Schließfächern unbeaufsichtigt herumliegenlassen haben, so dass jemand anderer ihn hätte stehlen können - oder sie könnten ihn selbst gestohlen haben. In allen drei Fällen, so stellt es das Urteil fest, ohne sich auf einen festzulegen, hätten die Männer mindestens fahrlässig gehandelt.

Zum positiven Ausgang des Verfahrens für den Kläger trug auch das Aussageverhalten der Zeugen bei: Während die Bekannte des Mannes den Richtern glaubwürdig erschien - "Widersprüche in ihrer Aussage sind nicht vorhanden" -, gaben die beiden Hausmeister im Zeugenstand wohl keine gute Figur ab: Sie hätten auf das Gericht "keinen glaubwürdigen Eindruck gemacht", heißt es im Urteil. So erhält der Geschädigte sein Geld zurück - gekürzt wurde nur der Ersatz für angebliche weitere Gegenstände in dem Schließfach. Dafür sprach ihm das Gericht lediglich 20 Euro zu.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2019/kaal
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