Kitas ohne städtische Förderung:Eine Sprache zu viel

Kitas ohne städtische Förderung: Englisch, Französisch oder Chinesisch: In den Infanterix-Kindergärten in München werden die Kinder spielerisch an eine zweite Sprache herangeführt.

Englisch, Französisch oder Chinesisch: In den Infanterix-Kindergärten in München werden die Kinder spielerisch an eine zweite Sprache herangeführt.

(Foto: Stephan Rumpf)

In den Infanterix-Kitas in München lernen die Kinder neben Deutsch auch Englisch oder Chinesisch. Doch das Angebot geht über den "unmittelbaren Bedarf" hinaus, darum zahlt die Stadt weniger Fördermittel. Den Eltern bleiben deshalb nur zwei Möglichkeiten.

Von Melanie Staudinger

Benjamin Tajedini reiste nach China, nach Finnland, Spanien, Frankreich und Rumänien. Dort rekrutierte der gebürtige Iraner Mitarbeiter für seine sechs Infanterix-Kindertagesstätten in München. Er sah sich Kindergärten an, besuchte Ausbildungsschulen, sprach mit potenziellen Bewerbern. Das tut er, weil qualifizierte Erzieher und Kinderpfleger in Deutschland fehlen. Das macht er aber auch, weil er ohne fremde Muttersprachler nur wenig ausrichten kann in seinen zweisprachigen Krippen- und Kindergartengruppen.

Bis zu 800 Euro bezahlen Eltern in Schwabing, Moosach, Neuhausen oder Aubing, damit ihre Kinder in der Kita neben der deutschen Sprache auch Englisch, Französisch und Chinesisch lernen. Es ginge auch günstiger, sagt Tajedini, wenn die Stadt ihn in das sogenannte Betriebsträgermodell aufnehmen würde. Das allerdings sei nach der derzeit geltenden Richtlinien nicht möglich, kritisiert er.

Um neun Uhr frühstücken die Krippenkinder in der Kita in Moosach. Die größeren sitzen schon vor ihren Broten. Ein Erzieherin zieht einem Jungen noch sein Ärmellätzchen an, damit auch nichts daneben geht. Gegenüber im Kindergarten sind die Kinder ein wenig freier in ihrer Entscheidung. Offenes Frühstück nennt sich das. Wann genau sie essen, bestimmen sie alleine. "Wir wollen die Kinder zur Selbständigkeit erziehen", sagt Tajedini, während er durch das Rundfenster in den Raum blickt.

Vor sechs Jahren hat der studierte Betriebswirt seine erste Kindertagesstätte in München eröffnet. Er stammt aus Iran, lebte in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. "Wer in ein neues Land zieht, will sich integrieren, seine eigene Kultur aber nicht komplett aufgeben", sagt er. An diese Zielgruppe wenden sich seine Kitas.

Bewusst hat Tajedini sie in der Nähe großer Unternehmen wie Siemens oder der Bundesbank angesiedelt. Mit den Firmen unterhält er Kooperationsvereinbarungen: Sie unterstützen die Einrichtungen finanziell, dafür bekommen die Mitarbeiter günstigere und vor allem sichere Betreuungsplätze für ihre Kinder. Sie bezahlen den Betrag, der auch in den städtischen Einrichtungen zu entrichten wäre, also maximal 421 Euro für einen Krippen- und 202 Euro für einen Kindergartenplatz.

In der Nähe großer Unternehmen

Damit hat Tajedini, der auch Vorsitzender des Dachverbands Bayerischer Träger für Kindertageseinrichtungen ist, sein eigenes Fördermodell etabliert. Er würde allerdings gerne am städtischen Angebot der Betriebsträgerschaft teilnehmen. Das besagt, dass die Stadt die Kitas baut und den Trägern diese kostenlos zur Verfügung stellt. Dafür verpflichten sich die Träger, die städtischen Standards in Betreuungsqualität und Gebührenordnung einzuhalten. Wenn die Stadt neue Tagesstätten errichtet, schreibt sie den Betrieb aus. 48 Mal ist das nach Angaben des städtischen Bildungsreferats bisher geschehen, 39 sind vergeben.

Kitas ohne städtische Förderung: Benjamin Tajedini würde allerdings gerne am städtischen Angebot der Betriebsträgerschaft teilnehmen.

Benjamin Tajedini würde allerdings gerne am städtischen Angebot der Betriebsträgerschaft teilnehmen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Laut einem Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2011, so erklärt eine Sprecherin, dürfen sich alle Träger bewerben, die die Grundversorgung mit Betreuungsplätzen sicherstellen können. Das ist der Knackpunkt, den Tajedini kritisiert: Bilinguale Kitas sind spezielle Einrichtungen, die über den unmittelbaren Bedarf hinausgehen. "Das will die Stadt nicht", sagt er.

So konkret will das Bildungsreferat das nicht bestätigen. Man könne über alles reden, sagt die Sprecherin. Allerdings hätten die Eltern keine Wahlfreiheit mehr, wenn die zweisprachige Erziehung im pädagogischen Konzept festgeschrieben sei. Das widerspreche dem Stadtratsbeschluss.

"Man müsste einen Weg finden, dass alle Träger am Betriebsträgermodell teilnehmen können", fordert Tajedini. Doch ganz ohne Förderung muss auch Infanterix nicht bestehen. Zu den Baukosten erhält er Zuschüsse. In Aubing hat er im September seine neueste Kita eröffnet. Auf dem knapp 1000 Quadratmeter großen Grundstück an der Industriestraße hat er ein Gebäude für 3,2 Millionen Euro hingestellt.

Daneben soll eine rumänisch-orthodoxe Kirche entstehen. "Wenn die Kirche fertig ist, werden wir zwei rumänisch-deutsche Gruppen anbieten", sagt er. Das aber wird noch bis 2015 dauern. Bis dahin gibt es Englisch als Zweitsprache und sogar noch Plätze - für die, die es sich leisten können oder einen engagierten Arbeitgeber haben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: