Kirchen:Fremdsprachige Gemeinden

In München gibt es Gottesdienste in vielen Sprachen. Und die jeweiligen Gemeinden spielen oft eine wichtige Rolle im Leben derer, die hier ein neues Zuhause gefunden haben.

Von Kathrin Aldenhoff

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Griechische Balance

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Quelle: SZ

Archimandrit Peter Klitsch ist der Pfarrer der griechisch-orthodoxen Salvatorkirche, und er hat eine ganz persönliche Bindung zu seiner Kirche: Seine Eltern heirateten hier, die Mutter Gastarbeiterin aus Griechenland, der Vater ein Deutscher. Einige Zeit später wurde er hier getauft und seit 2008 ist er nun Pfarrer der Kirche mit dem wunderschönen Holzportal mitten in der Innenstadt. Seit 1829 nutzt die griechische Gemeinde die Kirche, König Ludwig I. hatte das mit einem Majestätsbeschluss ermöglicht. In München leben 35 000 griechisch-orthodoxe Christen. Etwa 2500 von ihnen gehen sonntags in den Gottesdienst - entweder in die Salvatorkirche, in die Allerheiligen-Kirche am Nordfriedhof oder in die evangelische Auferstehungskirche. Das Gottesdienstprogramm der Salvatorkirche ist zweisprachig, griechisch und deutsch. Auch die Gottesdienste am Sonntag sind das - "den einen ist es zu viel Deutsch, den anderen zu wenig", sagt Pfarrer Klitsch. "Wir versuchen, eine Balance zu finden." Einmal im Monat gibt es eine deutschsprachige Liturgie - für diejenigen, die keine enge Beziehung mehr zu ihrem Herkunftsland haben. KAAL Fotos: Catherina Hess

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Slowenische Kultur

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Quelle: SZ

Janez Pucelj leitet seit zehn Jahren die Slowenische Katholische Gemeinde. Etwa 7000 Slowenen gehören dazu, etwa 100 von ihnen sind im Gemeindeleben aktiv. Jeden Sonntag feiern sie den Gottesdienst in slowenischer Sprache in der Heilig-Geist-Kirche am Viktualienmarkt, im Winter um 15.30 Uhr, im Sommer um 18.30 Uhr. Dann werden die slowenischen Liederbücher ausgeteilt, die unter der Woche in der Sakristei lagern. Sonst bleibt alles gleich in der großen imposanten Kirche mit ihren aufwendigen Fresken. Die Gemeinde unterrichtet Kinder in slowenischer Sprache und Kultur. Es gibt eine Bibelgruppe und Sportgruppen, Musiker haben sich zusammengetan. "Europa hat uns einiges ermöglicht im tagtäglichen Leben", sagt Pfarrer Pucelj. "Wir müssen uns immer wieder daran erinnern, im Alltag vergisst man das leicht." Er ist 70 Jahre alt, in Deutschland lebt er, seit er 39 war. "Die Heimat ist immer noch Heimat", sagt er. Das werde sie auch immer bleiben. Aber auch ein anderer Ort könne zu einer Heimat werden. Müsse es sogar. "Ein Miteinander muss her, sonst wird man krank." KAAL

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Spanische Überzeugung

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Quelle: SZ

Die Aufgaben der Gemeinde haben sich im Laufe der Jahre gewandelt, erzählt Pfarrer Alberto Martinez. Anfangs sei es darum gegangen, dass die spanischen Männer, die zum Arbeiten nach München kamen, Kontakt zu ihren Familien hielten. Dann kamen die Familien nach, und die Gemeinde organisierte die Hausaufgabenbetreuung für die Kinder und Jugendlichen. "Wir haben das gemeinsame Europa hier aufgebaut", sagt Martinez. Diese Überzeugung hätten viele Spanier, die damals als Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Seit 1961 gibt es die Spanische Katholische Gemeinde in München, in den 1990er-Jahren wurde sie dann zur spanischsprachigen Katholischen Gemeinde, um auch den Menschen aus anderen Ländern, in denen spanisch gesprochen wird, eine Heimat zu sein. Die Gemeinde zählt im Gebiet München-Freising rund 16 000 Mitglieder, die Hälfte von ihnen sind Spanier. Sonntags und an Feiertagen wird um elf Uhr in der Kirche Maria Heimsuchung der Gottesdienst auf Spanisch gefeiert. Dann kommen etwa 150 Gemeindemitglieder ins Westend, an wichtigen Feiertagen auch mal 600. KAAL

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Italienische Europäer

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Quelle: SZ

Gleich links neben dem Café La Dolce Vita an der Lindwurmstraße geht es zur Italienischen Katholischen Gemeinde München. An der Pinnwand im Eingangsbereich hängt ein Aufruf auf Italienisch, zur Europawahl zu gehen, ein Stockwerk höher lächelt Papst Franziskus dem Besucher entgegen. Auch eine Kapelle haben sie hier, für die täglichen Gottesdienste um 18.30 Uhr. Sonntags und an Feiertagen feiert die Italienische Gemeinde in fünf Kirchen den Gottesdienst auf Italienisch: gleich um die Ecke in der Kirche St. Andreas, in St. Anna in Karlsfeld, in St. Michael in Berg am Laim, in der Bürgersaalkirche im Zentrum und in St. Hildegard in Pasing. Seit 1954 gibt es die Gemeinde in München, etwa 34 000 Italiener leben in der Stadt und im Dekanat Nord der Erzdiözese. 700 von ihnen besuchen regelmäßig die Sonntags-Gottesdienste. Europa gehöre für die Mitglieder seiner Gemeinde ganz selbstverständlich zum Leben, sagt Pfarrer Gabriele Parolin. Viele italienische Kinder besuchten die europäische oder eine englischsprachige Schule, viele Eltern arbeiteten in europäischen oder internationalen Einrichtungen. KAAL

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Polnische Erinnerung

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Quelle: SZ

In einem der vier Schaukästen rechts vom Eingang der Kirche St. Joseph in der Maxvorstadt sind die Aushänge in polnischer Sprache verfasst. Die Gottesdienstzeiten sind hier vermerkt, die Polnische Katholische Gemeinde feiert zum Beispiel sonntags um 12 Uhr in St. Joseph Gottesdienst. Auf der Internetseite der Gemeinde ist eine ausführliche Geschichte der Polnischen Katholischen Gemeinde in München zu lesen. Sie beginnt mit der Seelsorge polnischer Pfarrer im Konzentrationslager Dachau. 2000 polnische Priester seien unter den 35 000 Polen gewesen, die von April 1940 bis April 1945 ins Lager gebracht wurden. Sie hielten von 1941 an heimlich die Heilige Messe für ihre Mitmenschen. Im Jahr 1952 übernahm Pfarrer Pawel Kajka die Seelsorge in München und der Umgebung. Auch er hatte die Kriegsjahre in den Konzentrationslagern Auschwitz und Dachau verbracht. Seit 1984 hat die Polnische Gemeinde eine Heimatkundeschule, in der Kinder am Wochenende in polnischer Sprache und Kultur unterrichtet werden. Seit 1990 gibt es eine zweite Schule in Neuperlach. KAAL

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Französische Suche

Klosterkirche Sankt Anna in München, 2019

Quelle: Catherina Hess

Pfarrer Marc Grosstephan legt Wert darauf, dass seine Gemeinde in München keine französische ist - sondern eine französischsprachige. Eine Gemeinschaft mit Vertretern aus Europa, Afrika und allen anderen Kontinenten; eine Gemeinschaft, die allen eine Heimat bietet, fernab ihres Herkunftslandes. Die französischsprachige Gemeinde von München und Bayern feiert sonntags und an Feiertagen von 10.30 Uhr an eine Messe in der Kirche des Klosters St. Anna, jeden Mittwoch findet der Gottesdienst um 12.30 Uhr in der Pfarrkirche St. Anna statt. Der eine Priester der Gemeinde, Marc Grosstephan, stammt aus dem Elsass. Gottesdienste, Hochzeiten oder Taufen hält er in beiden Sprachen - auf Deutsch oder Französisch. Der zweite Pfarrer der Gemeinde ist Philippe Phemo-Lufumba, er kommt aus der Demokratischen Republik Kongo, wo Französisch die offizielle Amtssprache ist. Im Moment sucht die Gemeinde Menschen, die Lust haben, zu singen oder Orgel zu spielen, um so die Gottesdienste und das Leben der Gemeinde mitzugestalten. KAAL

© SZ vom 2. Mai 2019/kast
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