Nachtleben:München hat zwei neue Kioske

Nachtleben: Im neuen Laden an der Ludwigsbrücke gibt es Gummibärchen oder Eintopf, Kaffee oder Suppe, Limo oder Wegbier - und das bis 23 Uhr.

Im neuen Laden an der Ludwigsbrücke gibt es Gummibärchen oder Eintopf, Kaffee oder Suppe, Limo oder Wegbier - und das bis 23 Uhr.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Das "37 Pioniere" am Deutschen Museum will zum Teil auch Café sein, "Der Kiosk" versucht es in der Maxvorstadt mit weiß lackierten Öltonnen und Sonnensegel.

Von Camilla Kohrs

Jede Brücke in München braucht ihren Kiosk, dachte sich Catharina Schröder. Sie arbeitet für die Agentur 0049events, die in der Stadt bereits die Villa Flora und das Café Mon betreibt. Als der asiatische Imbiss aus dem Seitenflügel des Deutschen Museums auszog, sicherte sich die Agentur den Laden im Kongressbau der Museumsinsel. Vor einem Monat eröffnete Schröder dort das Kioskcafé "37 Pioniere" an der Ludwigsbrücke. "Wir wollten uns von den Cafés abheben, die es hier schon gibt", sagt sie. Deswegen fiel die Wahl auf einen Kiosk mit Ausschank und Sitzmöglichkeiten, aber ohne Service am Tisch.

Dass das "37 Pioniere" kein klassisches Café ist, bedeute aber nicht, dass es "hier keinen guten Kaffee gibt", sagt Schröder. Sie hat sich gegen einen kiosktypischen Vollautomaten entschieden und schenkt stattdessen Kaffee der Münchner Rösterei Pol aus. Den Espresso gibt es für 1,80 Euro, einen Cappuccino ab 2,60 Euro. Trinken können ihn die Gäste entweder auf der Terrasse vor dem Kiosk unter schwarzen Sonnenschirmen oder um die Ecke, an der Seitenwand des Museums. Dort stehen eine lange Holzbank, bedeckt mit grünen und hellbraunen Kissen, kleine Hocker in douglasgrün und Weinkisten, auf denen die Getränke abgestellt werden können.

Hier, etwas abseits vom Lärm der Straße und mit Blick auf die Isar, sitzen auch am Nachmittag schon Gäste mit einem Glas Wein oder einer Flasche Bier in der Hand. Die meisten Kunden tagsüber sind jedoch Touristen, vor allem Museumsbesucher, die beim Kioskcafé eine Pause einlegen, eine Limo trinken und eine Kleinigkeit essen. Auch das Angebot an Speisen ist ausgefeilter als an einem gewöhnlichen Kiosk.

Neben Schokoriegeln und Gummibärchen gibt es Sandwiches sowie Suppen und Eintöpfe von der Münchner Suppenküche.

Später, der Kiosk hat bis 23 Uhr geöffnet, kommen vor allem junge Leute, holen sich ein, zwei Flaschen Bier und ziehen damit an die Isar weiter. Andere bleiben, setzen sich auf die Terrasse und ratschen wie in jeder anderen Bar. Das geht vor allem abends gut, wenn der Verkehr auf der Ludwigsbrücke abgenommen hat. Dann hört man auf der Terrasse die Musik, die aus dem Kiosk schallt. Nicht nur beim Kaffee, auch bei anderen Produkten war es Schröder wichtig, lokale Bezüge zu haben. So gibt es beispielsweise Giesinger und Isarkindl Bier sowie die Limonaden von Eizbach. Touristen aus dem Norden können aber auch mit Astra oder Becks glücklich werden. Wenn es kälter wird, möchte Schröder auch im Innenbereich Tische und Stühle aufstellen. Dort sollen dann im Winter Heizstrahler und Glühwein für Wärme sorgen. Den Innenbereich soll man außerdem mieten können, zum Beispiel für Geburtstagsfeiern.

Mit dem Deutschen Museum teilt sich das Kioskcafé nicht nur den Ort und die Besucher, sondern will mit seinem ungewöhnlichen Namen auch auf die Gründungsgeschichte der Institution anspielen: Anfang des 20. Jahrhunderts verschickte der Bauingenieur Oskar von Miller ein Rundschreiben an bekannte Persönlichkeiten, um mit ihnen einen Museumsverein zu gründen. Es bildete sich ein enger Kreis aus Spendern und Unterstützern - 37 an der Zahl, meinen zumindest die Betreiber. Laut dem Museum sollen es jedoch nur 34 gewesen sein.

In einer Baulücke an der Amalienstraße versteckt sich "Der Kiosk"

Nachtleben: In nur drei Wochen wurde der Kiosk zwischen zwei Häusern zusammengezimmert, die Zwischennutzung bleibt, bis hier neue Wohnungen gebaut werden.

In nur drei Wochen wurde der Kiosk zwischen zwei Häusern zusammengezimmert, die Zwischennutzung bleibt, bis hier neue Wohnungen gebaut werden.

(Foto: Robert Haas)

"Ey, wie cool ist das denn?", spricht eine Frau in ihr Telefon, während sie die Amalienstraße in der Maxvorstadt entlang läuft. "Hier hat ein Kiosk aufgemacht." Roberta hört das und lacht. "Das passiert hier die ganze Zeit", sagt die Studentin, die sich wie ihre Kollegen nur mit Vornamen vorstellt. Sie steht in einem mit Holz verkleideten Lkw-Container und reicht Bier und Rhabarberschorle über die Theke. Vor allem abends stehen hier Studenten und junge Berufstätige mit einem kühlen Getränk in der Hand an einer der weiß lackierten Öltonnen. Über ihren Köpfen ist ein weißes Sonnensegel gespannt, von dem die goldenen Buchstaben K, I, S und K baumeln. Das O ist schon verloren gegangen.

Die Bude, die schlicht "Der Kiosk" heißt, existiert seit dem 20. August und wird wahrscheinlich schon in einigen Monaten wieder schließen. Der Laden steht in einer Baulücke zwischen den Hausnummern 91 und 95. Wenn hier die Arbeiten für neue Wohnungen beginnen, muss der Kiosk weichen. Vier junge Münchner, die sich Nachtkollektiv nennen, betreiben ihn. Mit Zwischennutzungen kennen sie sich aus, es ist bereits ihr drittes Projekt dieser Art.

Aperol Spritz für 2,80 Euro

Angefangen hat es für die drei Männer und eine Frau mit einer Bar, die - nach demselben Muster wie der Kiosk - schlicht "Die Bar" hieß. Darauf folgte "Die Brauerei", ein Club in einer, genau, Brauerei. Beide Läden waren im vergangenen Sommer für einige Wochen geöffnet. "Wir haben dadurch Lust auf Pop-ups bekommen", sagt Konstantin, einer der vier Inhaber vom Nachtkollektiv. Über mehrere Bekannte sind sie an den Eigentümer des Grundstücks an der Amalienstraße gelangt und konnten mit ihm eine Zwischennutzung ausmachen. "Die Ecke ist ja allein schon wegen der ganzen Studenten interessant", sagt Konstantin. Gemeinsam haben sie überlegt, was sich in der Baulücke umsetzen lässt. Den Kiosk haben sie dann selbst in nur drei Wochen zusammengebaut. "Wir wollten noch die letzten Sommerwochen mitnehmen", erklärt Konstantin.

Einrichtung und Auswahl sind entsprechend minimalistisch: Auf den fünf Regalbrettern stehen Chips und - zur Freude aller, die in den Neunzigerjahren jung waren - Center-Shocks-Kaugummis. Hubba Bubba darf natürlich auch nicht fehlen. Ein ganzer Kühlschrank ist für Schokolade reserviert, zwei weitere für Getränke. Das Bier kostet zwei Euro und stammt aus der Brauerei Broy, einem Münchner Start-up, das direkt und nicht über Händler verkaufen will. Einer der Gründer gehört zum Nachtkollektiv. Auch das Radler kostet zwei Euro, Weinschorle und Aperol Spritz gibt es für 2,80 Euro. Hinzu kommen Spezi, Schorlen und Limo. Und ein Kiosk wäre natürlich kein Kiosk, wenn es nicht zumindest eine kleine Auswahl an Zigaretten geben würde.

Bis Konstantin und seine Kollegen den Kiosk wieder schließen müssen, haben sie einiges geplant: Derzeit beantragen sie bei der Stadt Genehmigungen für Livemusik. Außerdem überlegen sie, einen Foodtruck aufzubauen, aus dem sie Pizzastücke verkaufen könnten. Und zur Weihnachtszeit vielleicht eine Art Christkindlstand? Das Kollektiv plant auch, etwas Eigenes aufzumachen, etwas von Dauer. Was genau, steht noch nicht fest. "Wir haben jetzt ja schon einige Sachen ausprobiert", sagt Konstantin.

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