Süddeutsche Zeitung

Kinosterben geht weiter:Atlantis verschwindet

Das Kinosterben in München geht weiter: Das Atlantis an der Schwanthalerstraße ist auf Originalfassungen spezialisiert. Doch im März muss es schließen.

Anne Goebel

Jodie Fosters überschnappende Stimme in "Carnage", dem "Gott des Gemetzels", George Clooney als sonorer Redner in "The Ides of March": Das "Atlantis"-Kino am Stachus ist auf Originalfassungen spezialisiert - und bereitet sich auf die letzten Vorstellungen vor. In zwei Monaten schließt das Lichtspielhaus an der Schwanthalerstraße.

Mit zwei Sälen und insgesamt 350 Plätzen war das 1958 eröffnete Atlantis auf besondere Kinoabende ausgerichtet: Filme im Original mit Untertiteln und sogenannte Sneak-Previews, bei denen die Besucher einen Überraschungs-Streifen vor dem offiziellen Starttermin gezeigt bekommen. Das Kinosterben in München geht also weiter, und diesmal trifft es einen Spezialisten mit treuer Fangemeinde.

"Es ist traurig um jeden Kinosaal, der der Kulturlandschaft in München verloren geht", sagt Theaterleiter Bruno Börger. Der Vermieter habe schon länger signalisiert, dass ihm eine andere Nutzung der Räume lieber wäre. Den aktuellen Vertrag habe er daher nicht über 2016 hinaus verlängert.

Das blockierte dringend notwendige Modernisierungen: Für die Umstellung auf digitale Technik müsse man, so Börges, mit 70.000 Euro pro Leinwand rechnen. "Für eine Laufzeit von weniger als fünf Jahren ist diese Summe nicht zu stemmen" - und man bekomme bei vertraglicher Beschränkung auch keine Fördergelder. Mitte März werden die letzten Vorstellungen im Atlantis laufen. "Langsam wird es in München eng mit den Kinosälen", sagt Börges, der auch das Eldorado und die City-Kinos betreut. Nach dem Aus von Tivoli und Filmcasino im vergangenen Jahr verliert die Stadt nun zwei weitere Spielstätten.

Das Atlantis, Ende der Fünfziger als Atlantik-Kino mit 814 Plätzen eröffnet, hatte als "Ricks Hollywood" lange zum Mathäser Filmpalast gehört. Seit 1996 heißt es Atlantis und ist mit anspruchsvollem Arthaus-Programm eine feste Adresse für englische Muttersprachler und anglophile Cineasten. Die Tradition der Originalfilme will Börger in einem der City-Kinos fortsetzen. Zuletzt hatten Konzerte in den Kinosälen auch jüngeres Publikum angelockt.

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Quelle:
SZ vom 11.01.2012/sonn
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