Süddeutsche Zeitung

Filmemacherin aus München im Porträt:Die immer lacht

Die Regisseurin und Drehbuchautorin Maggie Peren erzählt in ihrem Kinofilm "Der Passfälscher" eine wahre Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg - allerdings nicht als finsteres Nazidrama, sondern mit Chuzpe und feinem Humor.

Von Josef Grübl, München

Es braucht nicht viel, um Maggie Peren zum Lachen zu bringen. Eigentlich muss man gar nichts dafür machen, die Filmemacherin lacht auch so, ohne jegliches Zutun. Und das ausdauernd: Als sie beim Treffen an einem trüben Oktobertag in München fotografiert werden soll, strahlt sie über das ganze Gesicht, um ihre Augen bilden sich kleine Lachfalten. Als ihr Kater mit aufs Bild will, lacht sie noch viel mehr. So bleibt es auch beim anschließenden Gespräch, wobei ihr Lachen nicht automatisch ausgelassene Fröhlichkeit bedeutet. Was aber ebenfalls sympathisch ist, denn dauerfröhliche Filmmenschen sind ja noch schwerer zu ertragen als grantige Diven.

Maggie Peren ist weder das eine noch das andere, sie sagt: "Durch Lächeln kann man Menschen auch liebevoll von sich fernhalten - wenn es anders nicht möglich ist." Das verbindet sie mit dem Schweizer Grafiker Samson "Cioma" Schönhaus, über den sie an diesem Nachmittag noch sehr viel erzählen wird. Denn sie hat einen Spielfilm über ihn gemacht: "Der Passfälscher" ist gerade eben in den deutschen Kinos angelaufen.

Peren erzählt darin aus dem Leben des jungen Cioma Schönhaus im Berlin des Kriegsjahres 1942; wie er sich trotz jüdischer Herkunft nicht versteckt, wie er ausgeht und feiert. Nebenbei fälscht der ehemalige Student einer Kunstgewerbeschule Pässe, mit denen Juden eine rettende neue Identität bekommen. Was natürlich irre gefährlich ist: "Wenn eines Morgens die freundlichen Herren der Gestapo bei Ihnen an der Türe klingeln, dann würde ich Sie sehr bitten, sich aufzuhängen", sagt sein Auftraggeber. "Jawoll", antwortet der von Louis Hofmann ganz wunderbar gespielte Schönhaus. Dann lächelt er und macht weiter.

Auch bei ihm braucht es nicht viel, um ihn zum Lachen zu bringen - selbst wenn er gleichzeitig weint. "Cioma besaß die Fähigkeit, das Gute im Schlechten zu sehen und nicht das Schlechte im Guten", erzählte sein Sohn Sascha Schönhaus in einem Interview. Er habe aber auch gesagt: "Es gibt Ereignisse, über die wächst nie Gras." Er mag also viel gelacht haben, das mörderische Treiben der Nationalsozialisten vergessen hat er aber nie. Jahrzehntelang behielt er seine Kriegserlebnisse für sich, erst als alter Mann schrieb er darüber ein Buch. 1943 gelang ihm per Fahrrad die Flucht in die Schweiz, die dafür notwendigen Papiere hatte er selbst gefälscht.

"Er wollte kein Bäbberle auf seiner Geschichte", sagt die Regisseurin

Maggie Peren ist gerade erst aus Hamburg zurückgekommen, wo sie ihren "Passfälscher" einer Schulklasse vorstellte. Der Zug hatte Verspätung, also trifft man sich kurzerhand in ihrer Wohnung in der Au. Ihr Sohn ist noch nicht von der Schule zuhause, Kater Kato sitzt auf dem Fensterbrett und schaut nach draußen. Sie hat eine Kanne Chai-Tee vorbereitet, dann fängt sie an zu erzählen: Wie sie vor 15 Jahren das Buch entdeckte und von Schönhaus' chronischem Optimismus fasziniert war. Im Jahr 2013 fuhr Peren in die Schweiz und besuchte den damals 91-Jährigen, der zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Verfilmungsangebote abgelehnt hatte. Er wollte seine Geschichte nicht als finsteres Nazidrama oder nervenzerreißenden Historienthriller sehen, auch nicht als Hochstaplergeschichte à la "Felix Krull". "Er wollte kein Bäbberle auf seiner Geschichte", sagt die Regisseurin.

Damit war er bei ihr richtig, denn Maggie Peren wollte ebenfalls kein Bäbberle auf ihrem Film, wie die Schweizer zu Aufklebern oder Etiketten sagen. Auch die Münchnerin lässt sich ungern festlegen, sie arbeitet in allen Genres. "Der Passfälscher" lässt sich nicht leicht einordnen, für eine Komödie ist er zu dramatisch, für ein Drama zu leichtfüßig. Er erzählt von jugendlichem Überschwang, macht den Terror der Nationalsozialisten aber trotzdem sichtbar. Damit setzte sich die Filmemacherin aber zwischen alle Stühle: Die Finanzierung war schwierig, ohne Bäbberle konnte sie bei vielen Redakteuren und Förderern nicht landen. "Eigentlich ist es unglaublich, dass es so lange gedauert hat, die Geschichte eines Mannes, der 200 Leben gerettet hat, zu verfilmen", sagt sie. Dabei hat ihr Film vergleichsweise wenig gekostet, zumindest für eine historische Kinoproduktion, es gibt auch keine großen Massen- oder Actionszenen. Schönhaus starb 2015 im Alter von 93 Jahren, sieben Jahre später wurde der Film fertig. Maggie Peren inszenierte in der Zwischenzeit die Zeitschleifenkomödie "Hello Again" und schrieb Drehbücher für andere Kinofilme.

Denn eigentlich arbeitet die 48-Jährige die meiste Zeit als Drehbuchautorin, Regie führt sie nur hin und wieder. Sie hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Kinohits "Mädchen, Mädchen" oder "Dieses bescheuerte Herz" geschrieben, für das NS-Drama "Napola" wurde sie mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. "Ich schreibe schnell und kann Druck aushalten", sagt sie. Damit ist man in diesem Beruf klar im Vorteil. Geboren wurde die Tochter eines Psychologen und einer Lehrerin in Heidelberg, aufgewachsen ist sie in Stuttgart. In den Neunzigerjahren kam sie nach München, um an der LMU deutsche und englische Literatur sowie Psychologie zu studieren. Bald schrieb sie selbst, im Alter von 25 wurde ihr erstes Drehbuch verfilmt. Damals arbeitete sie auch als Schauspielerin. "Damit habe ich aber mit 30 aufgehört", erzählt sie lachend.

Mit 33 debütierte sie als Kinoregisseurin; in der München-Komödie "Stellungswechsel" spielten Sebastian Bezzel und Lisa Maria Potthoff, die später in den Eberhofer-Filmen zu einem bayerischen Traumpaar werden sollten. Sie hat ohnehin ein gutes Händchen für Schauspieler, im "Passfälscher" überzeugen neben dem "Dark"-Star Louis Hofmann auch die Jungschauspieler Luna Wedler, Nina Gummich und Jonathan Berlin. Das internationale Interesse ist groß, der Film wurde weltweit verkauft, unter anderem soll er auch in den amerikanischen Kinos anlaufen. Cioma hätte es toll gefunden, seine Geschichte in New Yorker Kinos zu sehen, sagt sie. Dann lacht sie noch einmal - und natürlich hätte auch das Cioma gefallen.

Der Passfälscher, Regie und Buch: Maggie Peren, läuft in mehreren Kinos

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