Kino einmal anders:Gitarrenriffs statt Zelluloid

Immer donnerstags geht es im Atlantis Kino musikalisch zur Sache: Statt Liebesfilmen unterhalten Nachwuchsbands das Publikum.

Beate Wild

Gitarrengeschrammel, Gegröle, ohrenbetäubender Lärm. Auf den ersten Blick klingt und wirkt es wie ein ganz normales Black-Metal-Konzert. Die Musiker aus New York verrichten an ihren Instrumenten Schwerstarbeit. Der Drummer hat sein T-Shirt ausgezogen und prügelt oben ohne (doch, sein muskulöser, tätowierter Oberkörper kann sich wirklich sehen lassen) auf sein Schlagzeug ein.

Kino einmal anders: Gitarrenriffs statt Zelluloid: Immer donnerstags im Atlantis Kino.

Gitarrenriffs statt Zelluloid: Immer donnerstags im Atlantis Kino.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Das alles wäre weiter nicht verwunderlich oder gar berichtenswert, solche Konzerte finden in den Clubs oder Konzerthallen dieser Stadt täglich statt. Doch Liturgy, so heißen die amerikanischen Krachmacher, spielen nicht auf einer Live-Bühne, sondern im Kino, im Atlantis in der Schwanthalerstraße 2.

Jeden Donnerstag, wenn der Vorhang der letzten Vorstellung gefallen ist, gehört um 23 Uhr den Nachwuchsbands die Bühne in Saal zwei. Das Publikum sitzt in den Kinosesseln, und draußen kann man Bier und Popcorn kaufen. Die Idee für den wöchentlichen Konzertabend namens "Captain Demo" (www.filmsdrinksmusic.de) hatte Natalie Papapetrou, die Filmvorführerin.

Es ist der Versuch, die Münchner auf das kleine Kino im Bahnhofsviertel aufmerksam zu machen und neues Publikum anzulocken, sagt sie. Die Gigs sind gratis, für die Künstler wird am Ende ein Hut herumgereicht. Von Soul über Indie bis Metal darf alles auf die Bühne jede Musikrichtung ist willkommen. Wer spielen will, meldet sich einfach bei Papapetrou.Der Andrang ist groß.

Auch andere Kinos versuchen sich mittlerweile in Nebenjobs. Das City-Kino zum Beispiel veranstaltet neben dem laufenden Filmbetrieb Lesungen und Ausstellungen, das Filmcasino lädt regelmäßig zu Jam-Sessions.

Die Münchner profitieren von so viel Umtriebigkeit. Die Idee des Kinokonzerts könnte sich bei Künstlern und Publikum durchaus durchsetzen. Die Zuhörer, die nach ein paar harten Rockstücken erschöpft sind, können bei der nächsten Ballade mal kurz eine Pause auf den Kinosesseln einlegen. Das Feuerzeug lässt sich schließlich auch im Sitzen wunderbar schwenken. Und die Musiker dürfen sich darin üben, ihr Publikum von den Sitzen zu reißen.

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