Süddeutsche Zeitung

Kinderbetreuung in München:Versprechen an alle Eltern

Die Stadt München sagt zu, noch in diesem Jahr Betreuungsplätze für alle Kleinkinder zur Verfügung zu stellen. 560 Familien warten derzeit aber noch auf eine Lösung. Und die Kitas suchen händeringend Erzieherinnen.

Von Bernd Kastner

Die Stadt München verspricht allen Eltern noch in diesem Jahr einen Betreuungsplatz für ihre Kleinkinder. Bis Jahresende sollen weitere 3000 Plätze in Krippen, bei Tageseltern oder in Eltern-Kind-Initiativen entstehen. Dort sollen dann auch jene 560 Kinder einen Platz bekommen, deren Eltern sich jüngst bei der Stadt gemeldet haben, weil sie noch nichts Passendes gefunden haben. Ihnen hat das Bildungsreferat in den vergangenen beiden Wochen Plätze angeboten.

Formal betrachtet erfüllt die Stadt zwar noch nicht den vom 1. August an geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder zwischen ein und drei Jahren. De facto aber, betont Bürgermeisterin Christine Strobl, dürften alle Eltern mit den Angeboten zufrieden sein. Viele der bislang auf der Warteliste stehenden Mütter und Väter zeigten sich flexibel, wenn ihnen etwa statt zum September erst zum Oktober ein Platz angeboten werde, dieser aber ihren Wünschen entspreche. In ganz dringenden Fällen kümmere sich die Stadt auch um eine Übergangslösung. Die meisten Eltern bestünden nicht auf einem bestimmten Termin.

Derzeit liege in München der Versorgungsgrad für Ein- bis Dreijährige bei 55 Prozent, bis Jahresende sollen es 66 Prozent sein. Die Gesamtzahl der Plätze soll bis dahin auf rund 19 500 steigen. Strobl kündigte an, solange neue Krippen und Kitas zu bauen, bis der Bedarf komplett gedeckt sei: "Die von der Bundesregierung empfohlene Quote von 39 Prozent reicht für eine Großstadt wie München bei weitem nicht aus." Das liege an den steigenden Geburtenzahlen, am Zuzug und weil immer mehr Frauen berufstätig seien. Das Betreuungsthema jedenfalls wird die Stadt noch lange beschäftigen: "Wir bauen wie die Weltmeister", sagt Strobl.

Das Geld dafür macht der Bürgermeisterin und Stadtschulrat Rainer Schweppe noch die geringsten Sorgen, der Stadtrat finanziert den Ausbau ohne Murren. Probleme aber sind der knappe Platz im Stadtgebiet für neue Einrichtungen - und: "Wir brauchen noch mehr Personal", stellt Strobl fest. Derzeit suche die Stadt 150 Erzieher. Der Markt ist leergefegt, die Stadt wirbt seit langem bundesweit um neue Kräfte. Dabei geht man auch neue Wege und versucht, Grundschullehrer zu gewinnen, die keine Stelle in ihrem erlernten Beruf finden. Aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten ist München ein schwieriges Pflaster: Berufseinsteiger verdienten im ersten Jahr bei der Stadt als Erzieher rund 2200 Euro plus 114 Euro München-Zulage, im zweiten Jahr etwa 200 Euro mehr.

Im April hat das Bildungsreferat eine spezielle Servicestelle, genannt "U3", für Eltern eingerichtet, die im regulären Anmeldeverfahren nicht zum Zug gekommen sind. Auch private Träger melden dort ihre freien Plätze. Die U3-Mitarbeiter sollen die Mütter und Väter auch pädagogisch über die passende Betreuungsform beraten. Bei der Vermittlung freier Plätze achteten die städtischen Mitarbeiter auf die passende Entfernung zu Wohnort oder Arbeitsplatz, man wolle lange Wege vermeiden.

Festhalten am Betreuungsschlüssel

Was zumutbar ist, werde im Laufe der Zeit die Rechtsprechung klären müssen, sagt Susanne Hermann, Kita-Chefin im Bildungsreferat. Während in einem Gerichtsurteil aus Köln eine maximale Entfernung von fünf Kilometer als zumutbar genannt worden sei, gebe der Freistaat Bayern eine Fahrzeit von einer halben Stunde an.

Wichtig ist der Stadt, trotz des Engpasses das Qualitätsniveau der Betreuung zu gewährleisten. Weiterhin halte man am bisherigen Betreuungsschlüssel fest, wonach sich in den Krippen im Schnitt ein Erzieher um fünf Kinder kümmere. Unter den Bewerbern wähle man trotz des hohen Drucks weiter aus und lehne ungeeignete Kräfte auch künftig ab.

Die Servicestelle U3 im Bildungsreferat ist zu erreichen unter Telefon 089/233-96771 oder per E-Mail: kita-eltern@muenchen.de.

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SZ vom 26.07.2013
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