Kinderbetreuung:Die einen befriedet, die anderen erbost

Kinderbetreuung: Kinder und Eltern der Kita "Konfetti" an der Angertorstraße haben am Dienstag vor dem Rathaus für niedrige Gebühren demonstriert.

Kinder und Eltern der Kita "Konfetti" an der Angertorstraße haben am Dienstag vor dem Rathaus für niedrige Gebühren demonstriert.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Stadt möchte Eltern entlasten, indem Kita-Plätze günstiger werden sollen.
  • Das gilt nun nicht mehr nur für städtische Einrichtungen, sondern auch für Eltern-Initiativen.
  • Allerdings sehen sich nun private Träger benachteiligt.

Von Jakob Wetzel

"Wir sind jetzt auf dem Schirm", sagt Monique Kaiser. Auch wenn nun wohl zähe Verhandlungen bevorstünden, das sei ein gutes Ergebnis. Kaiser gehört zum Vorstand der Eltern-Kind-Initiative "Konfetti" an der Angertorstraße; am Dienstagmorgen hat sie mit Kindern und Erzieherinnen auf dem Marienplatz dagegen protestiert, von der Stadt benachteiligt zu werden. "Wir haben gekämpft, um gesehen und verstanden zu werden", sagt Kaiser. Und das sei schon einmal gelungen.

Denn der Stadtrat hat am Dienstag erstmals über die ab September 2019 geplante Entlastung für Münchner Eltern abgestimmt; die Gebühren für Kindertagesstätten sollen drastisch sinken. Der Jugendhilfeausschuss hat das jetzt einstimmig verabschiedet, Bildungsausschuss und Vollversammlung werden dem wohl folgen. Vor allem aber sind die Stadträte Elterninitiativen wie "Konfetti" entgegengekommen. Denn diese sollten bislang nur dann von niedrigeren Gebühren profitieren, wenn sie der "Münchner Förderformel" beitreten, einem freiwilligen Zuschuss-System der Stadt. Das lehnen viele Elterninitiativen aber ab, weil es viel Arbeit macht und viele Vorgaben bedeutet; unter anderem müssen die Elternbeiträge gedeckelt sein. Im am Dienstag gefassten Beschluss aber ist von einem nötigen Beitritt zur Förderformel nun keine Rede. Demnach soll das Bildungsreferat bis Frühjahr 2019 nur einen Weg vorschlagen, eine "wirkungsgleiche Elternbeitragsentlastung" auch in Elterninitiativen zu ermöglichen.

Man sei positiv überrascht, heißt es vom Kleinkindertagesstättenverein, der Elterninitiativen berät. Der Antrag sei sehr offen formuliert, sagt Fachberaterin Silke Rudolph. "Das ist eine gute Arbeitsgrundlage." Zugleich jedoch wird neue Kritik laut. Denn der Stadtrat hat nun zwar Elterninitiativen berücksichtigt. Private Kindertagesstätten, in denen etwa ein knappes Drittel der Unter-Drei-Jährigen in München untergebracht sind, bleiben weiterhin außen vor.

Tatsächlich bleibt die Stadt hinter dem von einigen Stadträten geäußerten Ziel, alle Familien zu entlasten, auch in Zukunft deutlich zurück. Von 85 000 Betreuungsplätzen in München sollen derzeit lediglich 54 000 deutlich günstiger werden; inklusive Elterninitiativen wären es knapp 60 000. Die übrigen Plätze werden von privaten Kitas getragen. Und das seien keineswegs lauter Luxus-Einrichtungen, wie oft gemutmaßt werde, klagt Benjamin Tajedini. Er leitet ein Unternehmen, das selbst 14 Kindertagesstätten betreibt, und ist einer der Geschäftsführer des Dachverbands Bayerischer Träger für Kindertagesstätten. Die hier zusammengeschlossenen Träger betreiben in München 143 Einrichtungen mit etwa 8000 Kindern. Mehr als 100 dieser Kitas gehören nicht der Förderformel an. Das liege aber nicht an Profitgier, sagt Tajedini. Sondern daran, dass man mit der Förderformel schlecht planen könne.

Es gebe in München drei Einrichtungen, die mehr als 1000 Euro im Monat an Gebühren verlangen, sagt Tajedini. Die große Mehrheit privater Kitas kalkuliere dagegen nahe an den eigenen Betriebskosten. Vielfach seien private Kitas ebenfalls aus dem Engagement von Eltern heraus entstanden, so wie Elterninitiativen, sagt er. Sie hälfen ebenfalls mit, damit die Stadt genug Kinderbetreuungsplätze vorhalten kann, wozu sie verpflichtet ist. Einige böten längere Öffnungszeiten als städtische Häuser, andere etwa eine zweisprachige Erziehung; das koste alles Geld. "Wir komplettieren das Angebot der Stadt", sagt Tajedini. "Wir werden aber ungleich behandelt."

Wie Tajedini und Mit-Geschäftsführerin Ursula Berktold sagen, stand der Dachverband in den vergangenen Monaten auch in Kontakt mit dem Bildungsreferat. Dass sie bei der geplanten Gebührenentlastung nun komplett außen vor bleiben sollen, habe sie kalt erwischt, sagen sie. Bleibe es dabei, müssten auch private Kitas um ihren Fortbestand fürchten. Und auch wo Eltern allein mangels Alternativen ihre Kinder nicht abmelden könnten, schaffe die Ungleichbehandlung böses Blut.

Die Stadt verweist dazu schlicht auf die Förderformel. "Die Stadt möchte mit dem heutigen Beschluss möglichst viele Eltern entlasten", heißt es aus dem Bildungsreferat auf Nachfrage. Deshalb wäre es zu begrüßen, wenn private Kitas der Förderformel beiträten.

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