kbo-Kinderzentrum:Ein Haus für die kleinen Patienten

kbo-Kinderzentrum: Haben den Neubau eröffnet: Gesundheitsminister Klaus Holetschek, Sozialministerin Ulrike Scharf und der Ärztliche Direktor Volker Mall (links) in einem fertigen Patientenzimmer.

Haben den Neubau eröffnet: Gesundheitsminister Klaus Holetschek, Sozialministerin Ulrike Scharf und der Ärztliche Direktor Volker Mall (links) in einem fertigen Patientenzimmer.

(Foto: Catherina Hess)

Mit dem jetzt eröffneten Erweiterungsbau verfügt die Kinderklinik des Bezirks über 60 Betten, dazu kommen 16 Plätze in der Kinder - und Jugendpsychiatrie. Doch allein für den ambulanten Bereich liegen derzeit 1000 Anmeldungen vor.

Von Nicole Graner

Nach Architektenwettbewerb und ersten Entwürfen 2016 ist aus einer Vision jetzt Wirklichkeit geworden: Das älteste und weltweit erste sozialpädiatrische Zentrum mit interdisziplinärer Ausrichtung hat einen stationären Neubau bekommen. Trotz Corona, trotz baulicher Hürden wie Fachkräftemangel und Lieferschwierigkeiten - am Freitag, am internationalen Tag der Pflege, ist der Neubau des Kinderzentrums der Kliniken des Bezirks Oberbayern (kbo) an der Heiglhofstraße eingeweiht worden.

Insgesamt hat das kbo-Kinderzentrum nun 60 Betten in der Sozialpädiatrie und in Kooperation mit dem Heckscher-Klinikum 16 Betten für die Fachrichtung der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Neue Therapie- und Gruppenräume und ambulante Versorgungsmöglichkeiten kommen dazu. Wie 15 Plätze in einer Tagesklinik, die das Isar-Amper-Klinikum betreibt. 45 Millionen Euro hat der Bau gekostet, davon hat der Freistaat 29 Millionen finanziert.

Keinen Cent "zu wenig". Darin sind sich Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek und Sozialministerin Ulrike Scharf einig: Das Projekt sei "einmalig", und die Kinder- und Jugendmedizin eines der wichtigsten Themen überhaupt, sagt Holetschek. Jedes Kind habe Talente und Stärken, jedes Kind brauche Strukturen, in denen es sich entwickeln könne und jedes Kind, sagt Scharf, brauche einen Ort, wo es bei sich sein könne. "Hier ist so ein Ort. Hier wird es mit großer Hingabe individuell gefördert."

Der zukünftige Eingangsbereich, in dem die Reden gehalten werden, ist hell. Eine freundliche Mischung aus Holz und Glas. Noch ist nicht alles fertig, das große Aquarium noch ohne Fische und Wasser. Doch man ahnt, dass hier zwei der wichtigsten Wünsche des Ärztlichen Direktors des kbo-Kinderzentrums, Volker Mall, von den H2M-Architekten umgesetzt worden sind: viel Licht und viel Raum für Bewegung. Während die Eltern warten, können die Kinder spielen. Sollen sie sogar.

kbo-Kinderzentrum: Noch nicht ganz fertig: der Neubau des kbo-Kinderzentrums an der Heiglhofstraße.

Noch nicht ganz fertig: der Neubau des kbo-Kinderzentrums an der Heiglhofstraße.

(Foto: Catherina Hess)

Das Regenwetter dürfte der großen Schnecke draußen gefallen, die da langsam auf einer leuchtend gelben Rampe im Lichthof des Eingangsbereichs nach oben kriecht. Hübsch feucht. Und hat die Figur in der Vorstellung des Betrachters einmal die Spitze erreicht, müsste sie sich eigentlich nur noch nach unten plumpsen lassen - ins satte Grün. "Die Schnecke ist unser Motto-Tier", sagt Volker Mall. Und er lächelt, weil die Schnecke im neuen Erweiterungsbau wirklich eine symbolträchtige Figur sei. "Höher, schneller, weiter", das gelte hier nicht. Sondern nur der Wunsch: Finde deinen Weg. Langsam sei die Schnecke. Aber beharrlich. So wie die vielen Kinder im kbo-Zentrum, die täglich mutig gegen ihre Behinderungen, Entwicklungsverzögerungen, Traumata oder chronischen Erkrankungen ankämpften. So wie Annemarie Espig.

kbo-Kinderzentrum: Findet ihren Weg: Annemarie Espig (links), mit einer der Patinnen des Projektes, Ursula von Bayern.

Findet ihren Weg: Annemarie Espig (links), mit einer der Patinnen des Projektes, Ursula von Bayern.

(Foto: Catherina Hess)

Die 19-Jährige ist blind und hat mentale Einschränkungen. Doch zur Einweihungsfeier geht sie mutig nach vorn und singt im Glitzerkleid einen Song aus dem Musical "König der Löwen". Hell, mit klarem Sopran, keiner Spur von Unsicherheit. Und toppt damit alle Reden des Tages. Zweimal im Jahr kommt sie seit 2006 mit ihren Eltern aus dem Erzgebirge in die Klinik nach München. Musik sei ihr ganzes Leben, sagt ihre Mutter. Und Annemarie Espig nickt mit dem Kopf. "Ich habe Gesangsunterricht, spiele Klavier und Orgel", sagt sie leise, aber stolz. Und wenn es die richtige Musik sei, dann tanze sie auch gern. Wie viele Kinder im Zentrum hat auch Annemarie Espig einen langen Weg hinter sich, hat sich alles schrittweise erarbeitet. 13 500 Kinder behandelt das sozialpädiatrische Zentrum im Jahr, etwa 850 von ihnen stationär. Und fördert jedes Kind so individuell wie möglich.

Breite Flure, lichtdurchflutete Zimmer

Zurück zur Schnecke. Überall ist sie zu finden. Eben in jenem Lichthof und zum Beispiel als kleines schwarzes Piktogramm auf den vielen Glastüren. Nähe zu den Menschen, eine Atmosphäre, die wohltut - im Erdgeschoss und den drei farblich unterschiedlich gestalteten Obergeschossen sind die Flure breit. Hier dürfen sich Rollstuhlfahrer und Bobby-Car-Flitzer begegnen. Es gibt kleine Ausruh-Ecken, die ein wenig Struktur geben. Zum Beispiel für autistische Kinder. Und da sind die großen Eltern-Kind-Zimmer mit einem riesigen Fenster nach draußen und mit zwei Betten. Eines lässt sich flugs schnell im Schrank einfahren. Und wieder bleibt Raum.

1000 Anmeldungen habe das kbo-Kinderzentrum im Moment für den ambulanten Bereich, weit über 100 für den stationären, sagt der Ärztliche Direktor. Und er betont, dass die Zahlen steigen dürften. Die Pandemie habe viele psychische Spuren hinterlassen, gerade bei Kindern und Jugendlichen. "Wir müssen den Ursachen auf den Grund gehen, dürfen nicht nachlassen, damit nichts einbricht", sagt Mall. Der kbo-Erweiterungsbau dürfte auf jeden Fall ein weiterer Schritt sein, das zu verhindern.

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