ElectropopFluffige Melodien aus Frankreich

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Hat sich zuletzt entspannt zurücklehnen können: Kazy Lambist aus Montpellier.
Hat sich zuletzt entspannt zurücklehnen können: Kazy Lambist aus Montpellier. (Foto: Antoine Henault)

Auf seinem wunderbar wattierten Album „Moda“ bittet der französische Electropop-Feingeist Kazy Lambist eine Riege internationaler Sängerinnen zum Duett. Nun stellt er die elegante Sommer-Platte in München vor.

Von Martin Pfnür

Wer sechs Jahre zwischen seinem Debüt und seinem zweiten Album verstreichen lässt, verfügt wahlweise über einen ordentlichen Hype-Bonus, ausreichende finanzielle Rücklagen oder eine Bierruhe im Hinblick auf den sogenannten nächsten Karriereschritt. Bei Arthur Dubreucq aus dem südfranzösischen Montpellier, besser bekannt unter seinem etwas sperrigen Alias Kazy Lambist, kam wohl von allem ein wenig zusammen. So hat er mit dem leichtfüßigen Electropop seines 2018 erschienenen Debüt-Albums „33 000 Ft.“ in Frankreich direkt eine durchaus angenehme kommerzielle Flughöhe erreicht – und sich dann erst mal wieder über Jahre auf die Produktion kleinerer Formate verlegt.

Mal veröffentlichte er mit „Sky Kiss“ eine ätherisch entschwebte EP, die etwa in Zusammenarbeit mit Jean-Benoît Dunckel von Lambists erklärtermaßen wichtigstem Einfluss, dem großen elektronischen Wohlklangsduo Air (am 16. Juli beim Tollwood) entstand; mal mit „De Tu Tago“ einen feingliedrigen Remix für den senegalesischen Sänger Lass, oder mit dem sinister gestimmten „Nasty“ eine Single in Kooperation mit dem römischen Rapper Tutti Fenomeni. Deutlich wurde bereits bei alledem, dass Kazy Lambist eher keiner ist, der sich als Solitär im Studio wegschließt. Sondern vielmehr einer, der eine Menge Inspiration in der Zusammenarbeit mit anderen findet.

Entsprechend ist denn auch seine im Sommer 2024 vollzogene Wiederkehr auf Albumlänge weniger eine Solo-Platte als eine, die ganz und gar im Zeichen der internationalen Kollaboration steht. Benannt nach dem Istanbuler Künstlerviertel „Moda“, wo Lambist im Verlauf der tröpfchenweise und über Jahre erfolgten Aufnahmen ebenso seine Zelte zum künstlerischen Austausch aufschlug wie in seiner Lieblingsstadt Rom, hat er mit dieser Platte ein kleines Electropop-Wunderwerk fluffigster mediterraner Melancholie geschaffen.

Er versammelt eine bezirzende Riege an Gastsängerinnen

Sein Kniff dabei: Anders als früher verschiebt er die schwebenden elektronischen Texturen seines watteweichen Sounds nun zum einen mit allerlei analogem Instrumentarium vermehrt in Richtung Indie-Pop, was seinen Songs eine neue Griffigkeit verleiht. Und zum anderen versammelt er hier eine bezirzende Riege an Gastsängerinnen, die sich zum Duett mit ihm die Klinke in die Hand geben.

Da wäre etwa die Sängerin Den Ze, die den grazilen Disco-Abend in der „Moda Disko“ mit dem Flow einer türkischen Rap-Einlage bereichert. Ihre Istanbuler Kollegin Sedef Sebüktekin, die das erhaben düstere „Dünya“ zusammen mit dem haitianisch-kanadischen Multiinstrumentalisten Jowee Omicilin in himmlischste orientalische Klangsphären hinaufträgt. Aber auch Schauspielerinnen wie die Französin Nelly Lawson, die sich mit Lambist zu einer zuckrigen Electropop-Ausfahrt im „Mustang“ aufmacht, oder die Italienerin Fotini Peluso, die zu einer traumschönen Ambient-Miniatur ein Gedicht von Pier Paolo Pasolini vorträgt.

Und so hüllt einen dieses ebenso vielgestaltige wie elegante Album zwischen gehauchtem Indiepop-Appeal und elektronischer Geschliffenheit, discoiden bis housigen Grooves und süß verwehter Grandezza tatsächlich ein wie eine laue Sommernacht in einer mediterranen Metropole. Bleibt noch die Frage, wie Kazy Lambist nur all diese feinen Stimmen, zu denen sich auf seiner jüngsten EP „L’intranquilité“ auch jene von Serge Gainsbourgs Sohn Lulu Gainsbourg gesellt, auf der kleinen Bühne im Strom ersetzt bekommt. Aber auch da wird diesem selten sanften French-Pop-Innovator gewiss etwas einfallen.

Kazy Lambist, Donnerstag, 22. Mai, 20 Uhr, Strom, Lindwurmstraße 88

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