Kolumne "Das ist nicht schön":Wenn das Gloria Dei hohl klingt

Kolumne "Das ist nicht schön": Göttliche Melodien in einem göttlichen Raum: Die symbiotische Beziehung von Musik und Kirche hat Risse bekommen.

Göttliche Melodien in einem göttlichen Raum: Die symbiotische Beziehung von Musik und Kirche hat Risse bekommen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Sponsor mit Imageproblem: Die symbiotische Beziehung von Musik und Kirche hat Risse bekommen.

Von Jutta Czeguhn

"Ob wir Bach oder Mozart in der Kirche hören, wir ahnen in jedem Fall, was Gloria Dei, die Herrlichkeit Gottes, bedeutet. Das Geheimnis unendlicher Schönheit ist da und lässt uns die Gegenwart Gottes wahrhaftiger und lebendiger erfahren als in vielen Predigten." Josef Ratzinger hat das gesagt, als er noch nicht Benedikt XVI. war. Ein ausgemachter Musikkenner soll der verstorbene Papst gewesen sein, ein "Mozart der Theologie", wie ihn der mittlerweile ebenfalls verblichene Kölner Erzbischof Meisner einst euphorisch zu seinem 80. Geburtstag betitelte. Ein kühner Vergleich, sehr kühn.

Wobei einem gleich auch Ratzingers großer Gegenspieler, der Theologe Hans Küng in den Sinn kommt. Auch er ein großer Musikzuhörer, der sogar ein Buch geschrieben hat über das Verhältnis von Musik und Religion. "Ganz fein und dünn" sei da die Grenze. "In gewissen Momenten ist es dem Menschen gegeben, sich zu öffnen, so weit zu öffnen, dass er in dem unendlich schönen Klang den Klang des Unendlichen hört." Könnte so auch Ratzinger gesagt haben.

In der Karwoche werden wieder viele Menschen in den Kirchenbänken sitzen, die unterm Jahr kaum mehr ein Gotteshaus betreten. In Bauten mit umwerfender Akustik lassen sie sich immer noch anrühren von Mozarts "Requiem", Bachs monumentalen Passionen oder Pergolesis zart betrüblichem "Stabat Mater", lassen sie sich überwältigen von Chören und Orgeldonner. Über all die Jahrhunderte, in denen die Kirche, gerade die Katholische, Mäzenin großer und größter Kunst war, funktionierte diese symbiotische Beziehung von Musik und Kirche prächtig. Ob nun Ausnahmewerke oder allsonntägliche Gebrauchsmusiken, sie hatten der Kirche dienlich zu sein, waren Lockmittel, Zierrat, Machtausdruck.

Gerade weil mittlerweile ein Sponsor mit enormem Image-Problem, gefällt sich die Katholische Kirche noch immer in der Rolle des Ermöglichers. In der Kunst, auch der bildenden gibt sich dieser sonst so heillos starre Apparat oft sogar erstaunlich offen, wie man gerade auch im Diözesanmuseum Freising in der grandiosen Ausstellung "Verdammte Lust!" sehen kann. Doch werden auch der üppigste Kulturetat, die progressivsten Kunst-Konzepte diese Institution nicht retten, wenn sie sich nicht endlich von den überkommenen, misogynen Dogmen Roms verabschiedet und sich ihrer verbrecherischen Missbrauchsvergangenheit auf ehrliche Weise stellt. Denn irgendwann, womöglich schon bald, wird selbst Mozarts göttliche Musik in einem Kirchenraum hohl und leer klingen, weil dort die Substanz, die Glaubhaftigkeit, verrottet ist. Und das macht sehr traurig.

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