Die „Höhner“ über den Karnevalsauftakt in München:Hoch-Jeföhl auf dem Hühnerhaufen

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Ein Bützchen unter Hühnern: zwei Närrinnen im Federkleid beim Kölner Straßenkarneval. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Am 11.11. startet die närrische Zeit – sogar auf dem Viktualienmarkt. Die Kölner Karnevals-Kapelle „Höhner“ will die Faschingsstimmung im Sinne der „Völkerverständigung“ mit ihrem neuen Album „11 + 11“ ankurbeln, das Konzert folgt 2025.

Von Michael Zirnstein

Am 11.11. um 11.11 Uhr startet mal wieder die narrische Zeit. Selbst in München. Zum Faschingsauftakt gibt es da sogar etwas Gedöns, was man nicht mit dem kölschen Begriff „Jeföhl“ verwechseln sollte. Auf dem Viktualienmarkt tanzt um 11.11 Uhr die Garde der Narrhalla, deren Fahnenschwinger schwingen Fahnen, eine Wiesn-Band spielt Stimmungs-Hits und erstmals winkt das dann enthüllte offizielle Prinzenpaar in die Menge. Helau!

Exil-Kölner in München freilich denken da wehmütig an den Alaaf-Auftakt in ihrer jecken Heimatstadt, wenn Tausende voll kostümiert auf dem Heumarkt eskalieren. Bützchen hier, Bützchen da. Da schreibt ein Feier-Verantwortlicher der Internetseite des Münchner Selbsthilfe-Veranstaltungsvereins „Kölner Abend“ (aus nachvollziehbaren Gründen anonym) zum 11.11. auf dem Viktualienmarkt: „... da hopsen einige Leute auf einer Bühne rum und im Hintergrund läuft Kirmesmusik. Die Passanten schauen irritiert, schütteln verständnislos den Kopf und gehen weiter. Was ich übrigens insbesondere für die beteiligten Faschingsgesellschaften sehr schade finde. (...) Als Karnevalsfreund könnte man da manchmal verzweifeln.“

Steckt München wirklich so tief im Stimmungssumpf? Zumindest nicht auf dem Oktoberfest, finden Patrick Lühr und Freddi Lubitz-Ragland von der Kölner Band Höhner. Wer es nicht weiß: Die Höhner sind für Köln mindestens so wichtig wie die Spider Murphy Gang für München (die ja auch im Fasching mächtig aufdreht). Der neue Sänger und der Bassist der Kölner Karacho-Kappelle jedenfalls weilten neulich beim Wiesn-Kehraus im Hacker-Zelt und wunderten sich, dass dort schon um 17 Uhr, als die Cagey Strings mit „Surfing USA“ loslegten, die Gäste auf den Bierbänken tanzten. Und als die Kollegen sie auf die Bühne baten, um den Höhner-Hit „Viva Colonia“ zu singen, wunderten sie sich noch mehr: „Ich habe die Leute aufgefordert, im Refrain ,Viva Bavaria‘ zu singen, aber es schallte nur ,Colonia‘ durch die Halle.“

2003 kam die „Da simmer dabei, dat ist prihima“-Nummer heraus, 2004 und 2005 wurde sie jeweils der Wiesn-Hit des Jahres, und seitdem wird sie in jedem Zelt jeden Wiesn-Tag mindestens einmal gespielt – immer im Original (obwohl es eine Bavaria-Version der Münchner Zwietracht gibt). „Für uns als Kulturbotschafter der kölschen Sprache, des kölschen Jeföhls und des Frohsinns, ist das schon toll, was der Song bei den Menschen auslöst, das ist wie Völkerverständigung: Köln und München – den Fußball ausgeklammert – vereint im Gesang“, sagt Patrick Lühr.

Die Erben-Generation: Die Höhner im Jahr 2024 mit dem neuen Sänger Patrick Lühr (Mitte) und dem Bassisten Frederik „Freddi“ Lubitz (rechts). (Foto: Marcel Brell)

Dabei war der Frontmann noch gar nicht dabei, wie eigentlich niemand der aktuellen Besetzung, als „Viva Colonia“ durchstartete, und auch nicht bei den vielen anderen Hits von „Hey Kölle“ über „Die Karawane zieht weiter“ bis zur Handballer-Hymne „Wenn nicht jetzt, wann dann“. Aber seit dem 50-Jahre-Jubiläum der Band 2021 wurde er angelernt von Höhner-Boss persönlich, Zwirbelbart Henning Krautmacher, der ihm dann sein Amt des Feier-Bürgermeisters übergab, um sich um seine kranke Frau zu kümmern. „Authentisch bleiben!“, riet Krautmacher seinem Nachfolger, der sich wiederum freut, in keine Rolle schlüpfen zu müssen – wie noch die Ur-Mitglieder 1972 „Gack Gack Gack“-rufend in ihre stark Federn lassenden Hühnerkostüme.

Die Lieder haben die Jungen eh quasi mit dem ersten Kölsch aufgesogen. Lühr sang auf seiner Hochzeit „E Levve lang“ als Schwur. „Wir lieben diese alten Lieder, kramen immer in der Kiste, da sind 500 Songs drin.“ Elf Klassiker haben sie jetzt neu eingespielt, in einem „Sound-Update“. „Also, das klingt jetzt etwas frischer, so wie wir als aktuelle Live-Band klingen“, erklärt der Bassist Lubitz-Ragland, „aber was soll man ganz im Ernst an einem Hit wie ,Viva Colonia‘ noch groß rumschrauben, da wäre man ja dumm?“ Mit elf neuen Stücken wird das Doppel-Album „11 + 11“ daraus.

Dass sie den „Höhner-Spirit“ aufgesogen hat, zeigt die Erben-Generation gerade mit ihren eigenen Stücken. Die Single „Prinzessin“ zum Beispiel ist so ein Song, „der zuckt, wie wir sagen“. Das heißt, er kommt auf Partys in Köln ebenso an wie im Elektro-Remix der Peter-Wackel-Version auf Mallorca und möglicherweise auch auf der Wiesn. Denn mit Zeilen wie „Pass op, pass op, Prinzessin! Dat Krokodil well dich fresse!“ könne sich jeder identifizieren, findet die Band: Kinder mit dem Kasperltheater (das übrigens die Inspiration lieferte), Ältere mit der Situation, am Tresen angebaggert zu werden, und Karnevalisten mit all den Kostümvorschlägen von Krokodil zu Hamster und Biber. Und mit dem schönen queeren Schunkel-Ferienliebelei-Walzer wie „Au revoir“, den Balladen wie „Jlöcksmomente“, den Circus-Rock- und anderen immer hochemotionalen Stücken kommen sie zusammen auf elf neue Party-Peitschen.

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Die Elf steht in Köln für sehr vieles, sagt Lühr: Karnevalsbeginn, Elferrat, die teuflische Zahl in der Bibel – immerhin wird am Aschermittwoch in Köln der Nubbel (eine Strohpuppe als Sündenbock) verbrannt und mit dem Aschekreuz aufs Haupt würden alle (im Karneval) begangenen Fehltritte vergeben. Mit solch katholischen Riten kann man sich freilich auch im gläubigen Bayern Freunde machen. Da spielen die Höhner zum ersten Mal seit Langem auf ihrer großen Tournee im nächsten Jahr, und zwar am 26. Oktober in der Alten Kongresshalle.

Früher wird man etliche Höhner-Songs in München garantiert am 11. November beim Kölner Abend hören können. „Zu Hus“ im Sweet Club feiern die Exil-Kölner der Stadt, wie’s hier halt geht. Mit „lecker Kölsch frisch vom Faß“ („bis 19.30 Uhr sogar besonders günstig. Also fast geschenkt“), bunter Deko und „vielen kölschen Klassikern und den neuesten Karnevalskrachern“, die die Menge „in einen Taumel der Begeisterung“ versetzen sollen. Eingeborene sind freilich auch gern gesehene Gäste, noch lieber gesehen in Verkleidung, auch wenn’s schwerfällt so kurz nach Halloween. Aber für den anonymen Karnevalsfreund vom Kölner Abend ist das Pflicht: „Alleine beim Gedanken an Karneval ohne Kostüme bekomme ich schon Hühnerfell.“ 

Höhner, Sonntag, 26. Oktober 2025, Alte Kongresshalle; Faschingsauftakt in München, Montag, 11. November, 11.11 Uhr, Viktualienmarkt; Kölner Abend, 11. November, 18 Uhr, Sweet, Maximiliansplatz 5

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