Süddeutsche Zeitung

Karl Richter auf Demo der Freien Wähler:Unerwünschter Gast

Seite an Seite mit Rechtsradikalen: Für die Freien Wähler wird ihr Anti-Euro-Kurs zum Problem. Der rechtsradikale Stadtrat Karl Richter besucht ihre Demos - und das bringt nicht nur die Freien Wählern, sondern auch die SPD in Bedrängnis.

Dominik Hutter

Manchmal kann man sich seine Sympathisanten nicht aussuchen. Aber ist man ihnen wirklich hilflos ausgesetzt? Für die Freien Wähler wird ihr strikter Kurs gegen europäischen Rettungsschirm und Fiskalpakt immer mehr zum Problem - sie stehen plötzlich Seite an Seite mit Rechtsradikalen, die demonstrativ im Anti-Europa-Zug mitfahren wollen.

Schon Anfang Juni mischten sich in München Rechtsextremisten und -populisten unter die Anti-ESM-Demonstranten. Die NPD gelobte ausdrücklich Unterstützung für die Politik Hubert Aiwangers und versicherte: "Wir beißen nicht." Diese Woche mussten die Freien Wähler bei ihrer "Montags-Demo" erneut eine unangenehme Erfahrung machen: Am Sendlinger Tor stand plötzlich Karl Richter unter den Demonstranten, der stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende und Stadtrat der rechtsradikalen "Bürgerinitiative Ausländerstopp".

Bei den Freien Wählern gibt man sich zerknirscht angesichts des ungeliebten Mitstreiters. "Leider ist dieses Missgeschick geschehen", erklärt FW-Stadtrat Johann Altmann. "So etwas passiert uns einmal, aber kein zweites Mal."

Altmann distanzierte sich schließlich über Megafon von Richter, der im Münchner Rathaus eine ebenso zwielichtige wie einsame Rolle spielt. Der Schaden war trotzdem da. "Offenkundig haben die Freien Wähler immer mehr ein Problem mit ihrer Abgrenzung gegen rechts", warnt Münchens Grünen-Chefin Katharina Schulze, die zufällig am Sendlinger Tor vorbeigekommen war. "Ich würde mir klarere Worte und Taten wünschen."

"Hart an der Grenze des demokratischen Spektrums"

Das sieht auch die SPD so, die gerne nach der Landtagswahl mit Grünen und Freien Wählern eine Koalition bilden würde. Angesichts des Anti-Europa-Kurses wird das immer schwieriger, musste der SPD-Spitzenkandidat, Oberbürgermeister Christian Ude, bereits eingestehen. Mitleid mit den Unterwanderten hat man bei der SPD trotzdem nicht. "Wer rechtspopulistisch auf Stimmenfang geht, muss sich nicht wundern, dass Rechtsextremisten mitjubeln", sagt Landeschef Florian Pronold.

Es gehe nicht nur darum, unerwünschte Mitdemonstranten fernzuhalten. Wer solche Unterstützung erfahre, müsse vielmehr die eigene Positionierung hinterfragen. FW-Chef Hubert Aiwanger agiere schon jetzt "hart an der Grenze des demokratischen Spektrums". Werde diese Linie überschritten, sei keine Zusammenarbeit mit der SPD mehr möglich, warnt Pronold.

Verbieten lässt sich die Teilnahme unerwünschter Gäste nicht. So lange niemand ernsthaft stört, gilt das Prinzip der Versammlungsfreiheit. Und das schützt nicht nur die Organisatoren, sondern gesteht jedem die Teilnahme an politischen Kundgebungen zu.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1415059
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 18.07.2012/afis
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.