Süddeutsche Zeitung

Kardinal Reinhard Marx:"Auch Homosexuelle gehören dazu"

"Gescheiterte Menschen": Mit dieser Bezeichnung für Homosexuelle und Geschiedene hat sich Kardinal Marx einst herbe Kritik zugezogen. Im SZ-Interview fordert er nun einen offenen Umgang der Kirche mit beiden Gruppen.

Franziska Brüning und Christian Krügel

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat für einen offenen Umgang der Kirche mit Homosexuellen plädiert. "Homosexuelle gehören dazu", sagte Marx in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Die Kirche habe im Umgang mit Schwulen in der Vergangenheit "nicht immer den richtigen Ton getroffen", so Marx. Es sei aber jeder willkommen, der mitmachen "und sich der Gemeinschaft der Kirche anschließen wolle".

Damit reagierte Marx auf herbe Kritik von Schwulenverbänden, die sich an einer Äußerung des Kardinals beim Mannheimer Dialogforum der katholischen Kirche gestoßen hatten. Der Erzbischof sprach damals im Zusammenhang mit Homosexuellen und Geschiedenen von "gescheiterten Menschen". Im SZ-Interview stellte der Kardinal klar: "Es ist mir fremd, andere Menschen zu verurteilen."

Gleichwohl bleibe es aber bei der kirchlichen Position, "dass die Sexualität in die treue eheliche Beziehung zwischen Mann und Frau gehört, die offen für Kinder ist". Marx: "Dass nicht alle Menschen das leben können, ist eine seelsorgerische Herausforderung." Er könne eine homosexuelle Beziehung zwar nicht segnen, aber könne für die Menschen beten, wenn sie es wünschten. "Ein großer Schritt wäre aber schon einmal, dass jeder integriert ist. Das ist längst nicht überall erreicht", sagte der Kardinal.

In dem SZ-Interview äußerte sich Marx auch erstmals ausführlich über die Reformen im Münchner Erzbistum und die Auseinandersetzung mit den Gläubigen und ihren Wünschen nach Veränderungen in der Diözese. Dabei sagte er einen intensiven Dialog mit dem Diözesanrat zu, dem obersten Gremium der Laien im Bistum. "Es wird konkrete Veränderungen geben", versprach Marx. Der Kardinal hatte gleich nach seinem Amtsantritt 2008 harte Reformen verordnet: Pfarreien werden zu größeren Verbänden zusammengelegt, das Ordinariat wird umstrukturiert. Zugleich aber hatte er die Gläubigen dazu aufgerufen, in einem Laien-Forum unter dem Motto "Dem Glauben Zukunft geben" Vorschläge für Reformen zu machen.

Im Dezember überreichten die Mitglieder dieses Forums dem Bischof dann 64 pastorale Empfehlungen. Darin geht es von Organisationsfragen der Pfarreien im Bistum bis hin zu grundsätzlichen Themen wie der Zukunft des Zölibats für Priester, mehr Mitbestimmung für Laien oder einen besseren Umgang mit Geschiedenen. Marx zur SZ: "Ich habe das als einen intensiven Hinweis verstanden: Erzbischof, daran musst du mit uns arbeiten." Das werde nun auch getan.

Wichtigste Themen seien dabei zunächst die Fragen, wie Ehrenamtliche besser gewürdigt, ausgebildet und begleitet werden können und wie die Seelsorge in den neuen großen Pfarrverbänden funktionieren soll. Zudem kündigte Marx an, auch den Umgang der katholischen Kirche mit Geschiedenen zum Thema machen zu wollen.

Das Interview mit Kardinal Marx lesen Sie in der Donnerstagsausgabe der SZ.

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