Kapuzinerhölzl:Flüchtlinge kommen in Zeltlager unter

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Protest auf der Straße: Flüchtlinge demonstrieren in München-Freimann gegen die Zustände in der heillos überfüllten Bayernkaserne. (Foto: dpa)

Die Regierung von Oberbayern wollte das eigentlich vermeiden: Jetzt mussten zum ersten Mal Flüchtlinge in Zelten untergebracht werden. In Freimann demonstrierten Flüchtlinge indes gegen die Zustände in der Bayernkaserne.

Von Dominik Hutter, Bernd Kastner und Verena Wolff

Die Regierung von Oberbayern hat erstmals Flüchtlinge in Zelten untergebracht. Etwa 120 Menschen wurden in der Nacht zum Freitag mit Bussen aus der Bayernkaserne in eine bestehende Zeltstadt auf dem Gelände des Kapuzinerhölzls gebracht, in der vor Kurzem noch Oktoberfest-Touristen übernachteten.

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Die Verlegung der Flüchtlinge zeichnete sich bereits am Nachmittag ab. Am Donnerstagabend kam es dann in Freimann zu heftigen Protesten: Flüchtlinge hatten die Heidemannstraße in Freimann blockiert. Nach Angaben der Polizei verließen 80 bis 100 Bewohner die Erstaufnahmeeinrichtung und ließen sich auf dem Asphalt nieder - unter ihnen auch ganze Familien. Hintergrund sei eine seit längerem angestaute Unzufriedenheit mit der Unterbringung in den völlig überfüllten Kasernenbauten, berichtete ein Polizeisprecher. Die Straße konnte erst nach zwei Stunden wieder für den Verkehr freigegeben werden.

Die Polizei hält sich im Hintergrund

Auslöser der Unruhe war offenbar die Forderung einer Mutter mit Baby, in ein Hotelzimmer umziehen zu dürfen. Als dies schließlich erlaubt wurde, habe sich unter den Bewohnern die Erkenntnis herumgesprochen, dass Protest Wirkung zeigen kann, berichteten Behördenvertreter. Weil die Lage anfangs unübersichtlich war, rückten die Sicherheitskräfte in größerer Zahl an. Entgegen ursprünglichen Befürchtungen blieb die Situation aber friedlich. Die Polizei beschränkte sich daher darauf, ihre Kräfte im Hintergrund bereit zu halten und die Heidemannstraße für den Verkehr zu sperren, bis die Flüchtlinge die Fahrbahn wieder räumten und in ihre Unterkünfte zurückkehrten. Vertreter der für die Unterbringung verantwortlichen Regierung von Oberbayern verhandelten auf der Heidemannstraße mit den Blockierern.

Da für die aktuell sehr große Zahl an Flüchtlingen in der Bayernkaserne nicht genügend Betten zur Verfügung stehen, entschieden sich die Behörden am späten Abend, erstmals auf die "Notreserve", das eigens dafür reservierte Jugendzeltlager im Kapuzinerhölzl, zuzugreifen. Jeder werde in dieser Nacht ein Bett bekommen, hieß es.

"Im Augenblick ist die Unterbringung in den Zelten in Ordnung, aber es darf nicht kälter werden", sagte Angelika Baumgart-Jena, Sprecherin des Kreisjugendrings in München, der die Zeltstadt betreibt. Es gebe einen Sanitärcontainer mit Toiletten und Duschen, auch sei der Platz ausreichend groß: Untergebracht sind die Flüchtlinge in einem 600 und zwei 120 Quadratmeter großen Zelten. "Aber die Zelte sind für den Sommer ausgelegt, man kann sie nicht ausreichend beheizen."

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Nach Informationen der Sprecherin sollen die Flüchtlinge zunächst bis kommenden Mittwoch in den Zelten im Münchner Westen bleiben.

Oberbürgermeister Reiter besucht die Bayernkaserne

Die Polizei will die Verkehrsblockade juristisch als spontane Versammlung werten - das ist legal, die Flüchtlinge bleiben damit straffrei. Die Sicherheitskräfte bemühten sich, eine Eskalation der Situation zu vermeiden. Die Aktion fand nur wenige Stunden vor dem geplanten Besuch von Oberbürgermeister Dieter Reiter in der Bayernkaserne statt. Der SPD-Politiker will an diesem Freitag mit Vertretern des Münchner Bündnisses für Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat, darunter auch Stadtdekanin Barbara Kittelberger und Generalvikar Rupert Graf zu Stolberg, die Erstaufnahmeeinrichtung besuchen und dabei Gespräche mit den Flüchtlingen führen.

Die Bayernkaserne sei randvoll - täglich kämen 200 bis 300 neue Asylbewerber an, sagte der Sprecher der Bezirksregierung, Florian Schlämmer. Aktuell seien etwa 4000 Menschen in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Oberbayern untergebracht. Nach annähernd fünf Wochen kämen sie in andere Unterkünfte.

© SZ vom 10.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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