Kandidatenwahl:Berlin, Berlin, wir wollen nach Berlin

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Nach der CSU wird auch bei der SPD immer klarer, wer bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr antritt. Doch es gibt noch Lücken zu schließen

Von Dominik Hutter

Ein bisschen Bosheit darf schon sein. Und so betont Roland Fischer gleich mehrmals, dass bei den Sozialdemokraten alles mit rechten Dingen zugehe. "Bei anderen Parteien liest man manchmal etwas anderes", lästert der Vizechef der Münchner SPD mit Blick auf die Konkurrenz von der CSU, bei der es im Bundeswahlkreis München-West/Mitte Vorwürfe wegen angeblicher Manipulationen gegeben hatte. "Ich erlaube mir die Erkenntnis, dass in den letzten 14 Tagen niemand seinen Wohnsitz geändert hat." Dass also jeder Delegierte vorschriftsgemäß im Wahlkreis wohnt. Bei der CSU hatte es daran Zweifel gegeben.

Allerdings hatte es bei den Konservativen auch eine Kampfabstimmung um die Nachfolge in dem Wahlkreis gegeben, der viele Jahre lang vom CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl vertreten wurde. Bei den Sozialdemokraten bleibt nach dem Rückzug einer Kurzzeit-Interessentin nur ein einziger Kandidat: Bernhard Goodwin, der Pressesprecher der Münchner SPD. Kontrovers geht es trotzdem zu im hitzigen ersten Stock der Pasinger Fabrik - im Schatten eines Ölbilds, das einen Vulkan zeigt. Denn die Genossen nehmen ihren neuen Kandidaten heftig in die Zange: Putin, TTIP, Rente - es ist nicht zu übersehen, dass Goodwin gelegentlich ins Schwimmen gerät und sich in sehr lange Schachtelsätze retten muss, denen man nur noch mit Mühe folgen kann. Interessante Gedanken hat der Sozialwissenschaftler dennoch immer wieder parat.

SZ-Grafik; Fotos: Wolfsbauer, Peljak (2), Schunk, CSU, SPD (Foto: SZ-Grafik)

Und manchmal auch diplomatische Sprüche wie "Schröder hat viel falsch gemacht. Schröder hat viel richtig gemacht. Das liegt daran, dass er viel gemacht hat". Ja, es ist tatsächlich so: Gerhard Schröder polarisiert die SPD bis heute. Das muss dann gelegentlich auch ein Münchner Bundestagskandidat ausbaden.

Goodwins Domäne, das ist seiner Rede zu entnehmen, ist die Innenpolitik und dabei vor allem die klassischen SPD-Themen: Wohnen, Gerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt. Goodwin will den sozialen Wohnungsbau wieder ankurbeln und eine urbane Politik machen - in Abgrenzung von der CSU, die eher ländliche Interessen vertrete. 58 von 60 Stimmen erhält der 37-Jährige schließlich. Und viele Vorschusslorbeeren von Vorgänger Roland Fischer, der diesmal nicht mehr kandidiert hatte. "Zuhören, nachdenken und währenddessen die Klappe halten", das sei Goodwins Arbeitsstil. Soll heißen: Schreihals-Politik muss man woanders suchen.

Mit der Wahl Goodwins vervollständigt sich allmählich das Personaltableau, mit dem die SPD in die Bundestagswahl 2017 ziehen will. Bereits gekürt sind die beiden schon seit 2013 amtierenden Bundestagsabgeordneten Claudia Tausend (München-Ost) und Florian Post (München-Nord). Beide mit Ergebnissen jenseits der 90-Prozent-Marke. Auch bei der Münchner SPD-Vorsitzenden sowie dem stellvertretenden SPD-Oberbayern-Vorsitzenden nimmt die Wohnungspolitik breiten Raum im politischen Programm ein. Post weiß noch nicht, gegen wen er antritt - nach dem Rückzug Johannes Singhammers sind im Norden Mechthilde Wittmann, Bernd Fabritius und Julia Obermeier im Gespräch. Tausend tritt wie schon 2013 gegen Wolfgang Stefinger an. Goodwins schärfster Gegner heißt Stephan Pilsinger.

Erst im Oktober will die SPD ihren Kandidaten für den Münchner Süden küren, der dann gegen den heutigen CSU-Stadtrat Michael Kuffer antritt. Drei Bewerber gibt es, die bislang außerhalb der SPD nur wenigen bekannt sind: Alexander Schmitt-Geiger, Sebastian Roloff und Heike Kraemer. Im September wird die Landesliste aufgestellt. Das ist wichtig für die SPD. Denn das letzte bayerische Direktmandat liegt schon ein paar Jahre zurück: Axel Berg hat es im Münchner Norden errungen - bis 2009.

© SZ vom 29.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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