Theater:Viele große, unvernünftige, mutige Projekte

Münchner Kammerspiele in der Maximilianstraße in München, 2013

In den Kammerspielen hat die neue Saison begonnen.

(Foto: Veronica Laber)

Die Kammerspiele starten mit einem üppigen Angebot in die neue Saison: einem zehnstündigen Antike-Projekt, einer Choreografie über Vergänglichkeit und einem sprechenden Roboter.

Christiane Lutz

Der Plan ist ganz klar: möglichst viele große, unvernünftige, mutige Projekte machen, mit denen man auf die Nase fliegen kann. Das hatte Kammerspiele-Intendant Matthias Lilienthal bei der Pressekonferenz zur Spielzeit 2018/2019 im Mai angekündigt. Jetzt, wo klar ist, dass er München 2020 verlassen wird, hätte er es sich auch zwei Jahre lang gemütlich machen können. Aber das ist nicht seine Art.

Also haben die Kammerspiele ein großes Programm zur Saisoneröffnung geplant. Den Beginn macht dann ein kleines, aber wahnwitziges, hochgradig aufwendiges Projekt, das in der Kammer 3 am 4. Oktober startet: "Uncanny Valley" heißt es, was man mit "unheimliches Tal" oder sogar "Gruselgraben" übersetzen könnte. Der Begriff stammt aus der Robotik und beschreibt das Phänomen, dass Menschen sich umso schwerer tun, Roboter zu akzeptieren, je ähnlicher diese ihnen sehen. Stefan Kaegi von "Rimini Protokoll" möchte das ausprobieren und hat einen Roboter bauen lassen, der exakt so aussieht, wie der Autor Thomas Melle ("Die Welt im Rücken"). Dieser Melle-Roboter wird anwesend sein und den Zuschauern mit Melles Stimme Texte vortragen. Kaegi möchte untersuchen, wie solch eine künstliche Figur auf die Menschen wirkt. Gruseln sie sich? Oder vergessen sie, dass da gar nicht der echte Melle sitzt? Das ist eine Frage, die besonders im Theater spannend ist, wo viele Menschen hingehen, um echte Schauspieler zu erleben.

Das Wissen, dass etwas zu Ende gehen kann, macht den Moment umso kostbarer

Weiter geht es am Freitag, 5. Oktober in der Kammer 2 mit Trajal Harrells "Morning in Byzantium". Der international renommierte amerikanische Choreograf hatte vergangene Spielzeit "Juliet & Romeo" an den Kammerspielen inszeniert. Bei "Morning in Byzantium" beschäftigt sich Harrell zwar auch mit dem Thema der Vergänglichkeit - etwa mit Orpheus und Eurydike und einem "Protagonisten" (Walter Hess), der sich auf "den dritten Frühling" freut -, aber mit deren schöner Seite. Das Wissen nämlich, dass etwas zu Ende gehen kann, macht ja den Moment umso kostbarer. Das Vorhaben unterstützen neben Walter Hess noch Thomas Hauser, Jelena Kuljic, Stefan Merki, die Sängerin Marie Goyette und der Tänzer Ondrej Vidlar.

Am Samstag, 6. Oktober startet in der Kammer 1 um 13 Uhr Christopher Rüpings Riesen-Projekt "Dionysos Stadt". Zehn Stunden lang wird der Regisseur versuchen, einen Tag der antiken Dionysien für das Publikum erlebbar zu machen. Rüping sagt von sich, als Zuschauer bei antiken Stoffen immer erst nach zwei, drei Stunden richtig ins Thema, in die Atmosphäre tauchen zu können. Also hat er sich hat sich verschiedene Texte aus der Antike vorgeknöpft und sie mit sieben Schauspielern erarbeitet. Diese werden der Reihe nach gespielt, mit jeweils längeren Pausen dazwischen, in denen das Publikum etwas essen und Kraft für die nächste Runde sammeln kann.

Am 7. Oktober folgt dann der Diskussionsabend "Gegen Judehass" mit Oliver Polack, am Montag und Dienstag spielt die Band Get Well Soon und in der Kammer 3 gibt es das am Dienstag und Mittwoch das Gastspiel "Oh My" von Henrike Iglesias.

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