Prozess:"Oliver Kahn als "Titan" kennt doch außerhalb der deutschen Grenzen niemand"

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Oliver Kahn, hier ein Bild von 2005, verbeißt sich im Handschuhstreit. (Foto: imago)
  • Weil ein Hersteller von Torwarthandschuhen eines seiner Produkte "T1itan" nennt, wird er von Ex-Nationaltorhüter Oliver Kahn verklagt.
  • Es geht um die Frage, ob damit Namensrechte von Kahn verletzt wurden.
  • Am ersten Prozesstag wird deutlich, dass sich die beiden Seiten gütlich einigen wollen.

Ist Oliver Kahn ein Titan? Oder sogar der einzig wahre Titan? Vor dem Landgericht München I ging es am Dienstag um nicht weniger als die Karriere des früheren Nationaltorhüters und der langjährigen Nummer eins des FC Bayern München. Kahn hat nämlich einen Hersteller von Torwarthandschuhen verklagt - weil dieser Handschuhe mit dem Markennamen "T1tan" vertreibt, mit der "1" für die Rückennummer der meisten Torhüter als "i". Kahn, der selbst Handschuhe unter dem Namen "Goalplay" verkauft, sieht Namensrechte verletzt, fordert Unterlassung und Schadenersatz. Darüber sprechen will sein Management auf Anfrage nicht - ganz im Gegensatz zur Gegenseite.

Matthias Leibitz aus Herbolzheim (Landkreis Emmendingen) hat "T1tan" gegründet und die Bezeichnung 2016 als europäische Marke eintragen lassen. Mit Kahn habe das damals überhaupt nichts zu tun gehabt, sagt sein Anwalt Ralph Oliver Graef vor der Verhandlung. "Der Gründer ist Eintracht-Frankfurt-Fan und findet Oliver Kahn gar nicht gut." Im Übrigen sei Kahn seit Jahren "Fußball-Rentner", habe "Titan" selbst nie als Marke angemeldet und in einem Interview gesagt: "Ich will kein Titan mehr sein." Als Marke angemeldet ist beim Deutschen Patent- und Markenamt der Name Oliver Kahn - und zwar für so ziemlich alles von Schädlingsbekämpfungspräparaten bis zu künstlichen Weihnachtsbäumen.

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Von Christof Kneer

Anwalt Graef sagt, in seiner aktiven Zeit sei Kahn derart umstritten gewesen, dass es gar nicht möglich sei, eine positiv besetzte Marke nach ihm zu benennen. "Es hat keinen Sinn, eine Marke zu benutzen, die von vielen Leuten gehasst wird." Und wenn er auch während seiner Karriere mehrfach als ein Torwart-Titan beschrieben worden sei, "der" eine Titan sei er bestimmt nicht. Und ohne diese Voraussetzung könne sein Mandant auch keine Namensrechte verletzt haben. "Dieter Bohlen ist der Pop-Titan und selbst im Fußball und unter den Torhütern gibt es genug Titanen: Neuer, Adler, Buffon, Sepp Maier." Die Werbung für "T1tan" übernimmt derzeit René Adler (HSV, Leverkusen, jetzt Mainz 05).

"Es gibt viele Leute, die denken bei Titan an Bohlen, an das Göttergeschlecht oder an eine Legierung", betont Graef. "Oliver Kahn als "Titan" kennt doch außerhalb der deutschen Grenzen niemand." Und außerdem habe Kahn mit der Nationalmannschaft doch nie etwas gewonnen - und zum Ende seiner Karriere auch nicht mehr gut gehalten. Er spricht von "Ego" und "Selbstüberhöhung". Zum Beweis sollen dem Gericht auch Zeitungsschlagzeilen vorgelegt werden wie "Vom Titan zum Pannen-Olli" und "Titan oder Titanic"?

Es ist eine Argumentation, über die sich Georg Mooshofer vom Verband Deutscher Fußball-Historiker gewaltig ärgert. "Er war einfach der Titan", sagt er. "Ganz eindeutig - durch seine Spielweise, durch diese Ruppigkeit." Mooshofer kann überhaupt nicht verstehen, dass irgendjemand das anders sehen könnte. Dazu muss man allerdings wissen, dass er Gründungsmitglied der Kurt-Landauer-Stifung ist, die Ende 2017 von den Bayern-Ultras ins Leben gerufen wurde.

Mooshofer ist nicht nur Bayern-Fan, sondern auch Kahn-Fan. "Das Champions-League-Finale 2001, das hat er gewonnen", sagt er. "Und auch wenn wir das WM-Finale 2002 verloren haben - dass wir überhaupt so weit gekommen sind, das lag einzig und allein an Kahn." Und dann erinnert er an Freiburg im Jahr 2000: Damals erwischte ein Golfball von der Tribüne aus Kahn während des Spiels an der Schläfe. "Blut, eine klaffende Wunde", kommentierte Werner Hansch. "Aber Kahn kommt zurück. Der weicht keinen Millimeter vor der Gewalt. Er will es ihnen zeigen." Bayern gewinnt 2:1. Mooshofer sagt: "Das ist ein Titan-Moment gewesen."

Vor dem Landgericht wird die Verhandlung am Dienstag kurzerhand unterbrochen. Auf dem Gang verhandeln die Anwältinnen Kahns mit Anwalt Graef. Beide Seiten wollen sich gütlich einigen, lassen sie wissen. Aber sie brauchen Zeit. Das Gericht will sich deswegen Anfang März mit der Sache noch mal öffentlich befassen. Kahn ist nicht der erste Fußballer, der zur Verteidigung seines Spitznamens vor Gericht zieht. 2010 urteilte ebenfalls das Landgericht München in einem Rechtsstreit zwischen Bastian Schweinsteiger und einem Wursthersteller: Eine Bratwurst darf nicht "Schweini" heißen. Da sei der Fall allerdings anders gelagert gewesen, sagt Anwalt Graef. "Schweini ist einzigartig und nicht beschreibend."

© SZ vom 28.11.2018 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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