Die „stade Zeit“ ist ja inzwischen mit ihrem Konsum- und Werbe-Geklingel eine der lautesten. Immerhin halten auf den Kleinkunstbühnen besondere und berührende Geschichten Einzug. So feiert Christian Springer am 2. Dezember im Deutschen Theater – wegen Corona mit zwei Jahren Verspätung – das Zehnjährige seines Orienthelfer-Vereins. Mit seiner humanitären Hilfe für die Menschen in Syrien und in Libanon beweist er ganz praktisch, dass Kabarett nicht nur mit Unterhaltung, sondern auch mit Haltung zu tun hat. Die Geburtstagsparty ist dementsprechend eine Benefiz-Gala mit illustrer Besetzung von Willy Astor, Christoph Süß, Simon Pearce oder Wolfgang Krebs bis zu Angela Ascher, Claudia Koreck, Andrea Jörg, Caro Matzko und Uschi Glas.
Schwabinger Kabarett-Institution:Die „Lach und Schieß“ ist wieder da: Bunt und schillernd – aber hat sie auch Zukunft?
Bei der Eröffnung diskutieren die prominenten Gäste auch über die unschöne Vergangenheit der Kabarett-Institution. Vor allem aber herrscht Erleichterung, dass es weitergeht. Ganz ohne Dissonanzen geht es dann doch nicht.
Leider am selben Abend steigt im Künstlerhaus auch das erstmalige Aufeinandertreffen von Andreas Rebers auf das Modern String Quartet. Der Kabarettist und Musiker sucht seit Langem die Begegnung mit anderen künstlerischen Genres, ob mit dem Baumarktquartett, dem Henschel Quartett mit Helge Schneider oder zuletzt der Pianistin Sophie Pacini. Bei den „Unter uns“ betitelten Kooperationen geht es um Begegnung, Neugier, Zuhören und Improvisation. Mit Rebers und dem MSQ (mit Joerg Widmoser, Winfried Zrenner, Andreas Hoericht und Anna Rehker) treffen nun Chanson und Wort auf Weltklasse-Klassik und -Jazz. Bei Gershwin und Mussorgsky, Hancock und Widmoser, Tanja Maria und der Rebers Road and Radio Show.
Außerhalb des im Kabarett Üblichen liegt auch „Herr Boning geht baden“ am 14. Dezember im Lustspielhaus. In seinem launigen Diavortrag berichtet der auch als Flötist, Sänger und Komponist (Die Doofen) musikalisch bewanderte „Samstag Nacht“-Veteran Wigald Boning, wie er ein Jahr lang jeden Tag draußen zum Baden gegangen ist. Bei jedem Wetter. Im Meer, in glasklaren Bergseen, schlammigen Tümpel oder am Coronation Day in der Londoner Themse.
Im Schlachthof hingegen weihnachtet es sehr. Angefangen mit der humoristischen Antwort auf die apokalyptischen Seiten des Festes „Weihnachten fällt aus! Josef gesteht alles!“ des Kabarett-Routiniers Stefan Bauer (5. Dezember). Dann schon fast traditionell mit den Schauspielern und Münchner Kindl Amelie Diana und Andreas Bittl, die Charles Dickens berühmte „Weihnachtsgeschichte“ wieder in ihrer szenischen Fassung mit Musik auf Bairisch spielen (6. Dezember). Und „Weihnachten in der Staatskanzlei“ beleuchtet Chef-Parodist Wolfgang Krebs bei seiner Gala mit alten wie aktuellen bayerischen Ministerpräsidenten, die er bekanntlich perfekt drauf hat (7. und 8. Dezember).
Gleichzeitig ist der Dezember auch die Zeit der satirischen Rückblicke. Seit vielen Jahren geht Django Asül mit seinem „Rückspiegel“ als einer der Ersten an den Start (Lustspielhaus, 4. bis 7., 25. bis 26., und 30. bis 31. Dezember). Noch länger und kontinuierlicher als er (denn fast zwölf Jahre sogar als Monatsrückblicker) ist damit Profinörgler Holger Paetz unter dem Titel „So schön war’s noch selten“ unterwegs. Was ihn jetzt an eine alte Wirkungsstätte zurückführt: Das einstige Ensemblemitglied bespielt damit die Lach- und Schießgesellschaft (13. Dezember). Während die sozusagen offiziellen Jahresrückblicke der Lach & Schießgesellschaft mit Mitgliedern des aktuellen Ensembles und diversen Gästen vom 18. Dezember an in der Drehleier stattfinden. Alles braucht halt (seinen) Platz.
Ach ja, ganz „normale“ Premieren gibt es auch noch. So das neue zweite Programm „Auf den zweiten Blick“ der Musikkabarettistin und Scharfrichterbeil-Gewinnerin Lucy van Kuhl (6. Dezember, Kubiz Unterhaching). Oder vom „Witzlebenstraße“, dem ebenfalls zweiten, eineinhalb Jahre lang feingeschliffenen Programm des Berliner Stand-Up-Comedian Kawus Kalantar, der mit seinem Debüt „Mord in Berlin“ für Furore sorgte (9. Dezember, Lustspielhaus).