Nachruf:Forschende zwischen Traum und Wirklichkeit

Nachruf: Jutta Burkhardt in einer ihrer Rauminstallationen.

Jutta Burkhardt in einer ihrer Rauminstallationen.

(Foto: A. Stan)

Die Münchner Künstlerin Jutta Burkhardt war voller Vitalität und Schaffensdrang. Nun ist sie im Alter von 52 Jahren gestorben.

Von Evelyn Vogel, München

Das Ungefähre, Unbewusste, Irrationale, Verdrängte, all das, was sich dem Blick zunächst entzieht, aber als absurde Auswüchse gesellschaftlicher Konventionen immer wieder durchschlägt - das war es, das die Münchner Künstlerin Jutta Burkhardt nach ihren eigenen Worten in ihrer Arbeit beschäftigte. Die Umsetzung in ihren Werken reichte dabei von witzig-ironisierten Objekten, die sie teilweise auch in ähnlich heiter-ironischen Szenen filmisch inszenierte. Beispielsweise in ihrer Serie "Konzept für Frischluftgenießer", "... Körperbewusste", "... Kommunikative" oder "... Langschläfer", die unter anderem in der Ausstellung "Desperate Housewives" in der Städtischen Galerie Villingen-Schwenningen 2016 zu sehen war. Später übersetzte sie ihre Themen häufiger in Zeichnungen, Fotografien und raumgreifenden Installationen, in deren labyrinthischen Strukturen und piranesihaften Traumgebilden man sich mitunter verlieren konnte - beeindruckendes Beispiel war ihre Over-All-Installation "Hinterland", die aus den "Aphasia"-Blättern hervorgegangen und im Januar 2021 in der Münchner Artothek zu sehen war.

Das Papier und die Tusche - für Jutta Burkhardt wurde die Zeichnung zum Inbegriff eines Ineinanderfließens aus künstlerisch-formal gesetzten repetitiven und meditativen Strichen. Auch wie sich das Papier unter der Bearbeitung veränderte, wie Wärme und Feuchtigkeit der Hand sich auf die papierne Grundlage und den Verlauf der Linienführung der Tusch auswirkten, war Teil der Umsetzung im forschenden Grenzbereich zwischen Traum und Wirklichkeit.

Der Umgang mit Räumen war für Jutta Burkhardt naheliegend. Sie war ausgebildete Bühnen- und Kostümbildnerin. Studiert hatte sie von 1989 bis 1993 am Mozarteum in Salzburg bei Herbert Kapplmüller, war anschießend für drei Jahre Bühnenbildassistentin am Münchner Residenztheater, Berliner Ensemble, Staatstheater Stuttgart und am Wiener Burgtheater. Nach ihrem Diplom 1996 entwickelte sie Raum- und Videokonzeptionen für verschiedene Theater und arbeitet frei als Bildende Künstlerin. Mit mehreren Förderpreisen gewürdigt, war sie unter anderem 2009 Debütantin der GEDOK München. Mit dem Belleparais von Julia Lachenmann in der Münchner Schellingstraße hatte sie eine Galerie gefunden. Im DG Kunstraum war sie an Ausstellungen ebenso beteiligt wie im BBK oder zuletzt im Kunstmuseum Ahlen.

Jutta Burkhardt hatte kürzlich erst ihre Arbeit "Wolkenkammer" von 2014 als Grundlage genommen für die Gestaltung des Plakats zum Theaterstück "Tartuffe oder Das Schwein der Weisen", das Ende März im Residenztheater Premiere haben wird. Diese zu erleben, war der Künstlerin nicht mehr vergönnt. Bis zuletzt hatte sie sich von einer Krebserkrankung nicht in ihrer Vitalität und ihrem Schaffensdrang bremsen lassen. Vor wenigen Tagen ist Jutta Burkhardt im Alter von nur 52 Jahren gestorben.

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