Junges Paar angeklagt:Quickie vor dem Gotteshaus

Geschlechtsverkehr vor einer Kirche - das gibt Ärger, auch wenn er in "Missionarsstellung" praktiziert wird. Diese Erfahrung hat ein junges Paar aus der Münchner Drogenszene gemacht, das sich offensichtlich nicht mehr beherrschen konnte.

Christian Rost

Amtsrichterin Karin Jung hofft, dass "dieser Fall nicht beispielhaft ist für alle Münchner mit Eheproblemen". Das könnte unabsehbare Folgen haben, meinte die Richterin, die am Donnerstag den Fall eines jungen Paares verhandelte, das sich im Sommer 2011 in aller Öffentlichkeit vor der Matthäuskirche zum Sex hatte hinreißen lassen. Angeklagt in diesem Fall waren eine 27-Jährige und ihr Bekannter, der allerdings nicht rechtzeitig zum Prozess gekommen ist und sich deshalb in einem gesonderten Verfahren wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verantworten muss. Elisabeth H. indessen gab gleich alles zu: "Ja", sagte die Malerhelferin knapp, das sei schon ziemlich peinlich gewesen damals. Am 5. Juni vorigen Jahres traf sich die Frau mit ihrem Bekannten Tobias H. und anderen aus der Drogenszene im Nussbaumpark, um Bier zu trinken. Gegen 11 Uhr ging es damit los, gegen 17.30 Uhr lag das Paar dann völlig nackt auf dem Rasen und hatte Geschlechtsverkehr, wie die Staatsanwältin der Angeklagten vorhielt. Das konnten nicht nur die Passanten im Vorbeigehen sehen, sondern auch noch drei Väter, die ganz in der Nähe an einem Spielplatz auf ihre Kinder aufpassten. Was sich Elisabeth H. dabei gedacht habe?, fragte die Richterin. "Ich hatte damals Eheprobleme wie der Tobias auch, und ich war auch noch total zu an diesem Tag", meinte die Angeklagte, die bereits sechsmal wegen Betäubungsmitteldelikten vorbestraft ist und auch zum Zwangsentzug musste. Erst kürzlich war H. in Haft, weil sie einen Gerichtstermin geschwänzt hatte. Der Gefängnisaufenthalt gab ihr offenbar zu denken. Sie wolle jetzt endlich wegkommen von den Drogen und zu ihren Eltern nach Wien ziehen, um dort eine freiwillige Therapie anzutreten. "Dann suche ich mir auch einen Job", kündigte H. an. Eine Bewährungshelferin attestierte der Angeklagten im Gerichtssaal, dass zumindest der Wille vorhanden sei, ein neues Leben abseits der Drogenszene anzufangen. Die Staatsanwältin beantragte dennoch eine Haftstrafe von drei Monaten für Elisabeth H. Die Vorstrafenliste sei zu lang, die Therapiepläne seien zu vage, so die Anklägerin. Richterin Jung folgte aber dem Antrag von Verteidigerin Annette Wunderlich, die eine Geldstrafe in diesem Fall für angemessen hielt: Die Vorstrafen seien Kleinigkeiten, und dieser Fall allenfalls eine "unerfreuliche Geschichte". 600 Euro Geldstrafe muss Elisabeth H. nun für den öffentlichen Beischlaf bezahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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