Jung & gut (11) G.Rag y los Hermanos Patchekos:Globale Volksmusik

Wenn die Hermanos gemeinsam auf der Bühne stehen, wirken sie wie eine symbiotische Einheit.

Von Katrin Sorko

Der Platz über dem Küchentisch ist für Hank Williams reserviert. Von einem Schwarz-Weiß-Foto lächelt er wohlwollend zu Andi Staebler herab, der Christoph Nowosad einen Kaffee einschenkt. Andi Staebler ist Signore G.Rag, Songschreiber und Gitarrist von G.Rag y los Hermanos Patchekos.

Christoph, der Mann an den Claves, nennt ihn auch den "Puppenspieler" hinter den Hermanos. Vor vier Jahren haben sich die zwei mit zehn anderen Musikern zusammen gefunden, auf der Suche nach dem optimalen Sound zwischen Country-Trash, Folk, lateinamerikanischen und karibischen Rhythmen und bayerischer Volksmusik. Seither scheppern die zwölf Geschwister, elf Brüder und eine Schwester, durch München und Umgebung.

Jeder Versuch, ihre Musik einzuordnen, muss scheitern. Die Hermanos wollen sie sich in dieser Hinsicht nicht festlegen. "Die Einflüsse, aus der unsere Musik entstanden ist, kann man nicht an einzelnen Vorbildern aufhängen", sagt Andi, "zwölf Leute, zwölf Geschmäcker."

Die reichen von Iron Maiden und den Ramones bis zu Herbie Hancock und Bob Dylan. "Und an Hank Williams kommt sowieso keiner vorbei", sagt Andi. Außerdem spielen viele von ihnen noch bei anderen Bands. Andi und Trompeter Matthias Thar zum Beispiel bei der Speedpunkrockband Analstahl, Kontrabassist Wastl Bischoff bei der Funkband Saufenfuckers und Alois Schmelz, den Bewunderer den "Miles Davis von Niederbayern" nennen, manchmal bei Cat Sun Flower.

Ein in der Münchner Musikszene recht umtriebiger Clan, diese Geschwister. So unterschiedlich ihre Geschmäcker auch sind, auf ihren drei gemeinsamen Platten vermengen sie sich zu einem Sound. Was alle teilen, ist die Verbundenheit zur ursprünglichsten Form der bayerischen Volksmusik. Vom Publikum werden sie deswegen oft missverstanden: "Es sind schon Leute auf mich zugekommen, die meinten: Eure neue Platte ist ja echt gut, aber die Landler . . .", erzählt Andi.

Seiner Meinung nach hat das damit zu tun, dass die bayerische Volksmusik vom Schlagzeug-Rhythmus der Alpenrock- und volkstümelnden Kapellen verhunzt worden ist. Deswegen hauen die Hermanos nur auf Blecheimer und lassen das Schlagzeug weg. Da ist es nicht mehr weit zur Volksmusik anderer Breitengrade: Den Hank Williams-Klassiker "Yambalaya" spielen sie im Sambarhythmus, begleitet von zwei geradlinig bayerischen Trompeten, "Rambling Man" kommt als Tango daher, und der urbayerische "Sautanz" wird rhythmisch von lateinamerikanischen Claves unterstützt.

Mit so einem Repertoire landet eine Band schnell in der Weltmusik-Ecke. In der fühlen sich die Hermanos aber keineswegs heimisch. "Die Weltmusik-Kapellen versuchen so wie in dem Land zu spielen, aus dem die Musik kommt. Wir dagegen verwurschteln immer alles und machen es so, wie es uns am besten taugt."

Deswegen wird den "bekifften Brüdern", die sich so nennen, weil die Bezeichnung ihrer Meinung nach am besten zu ihrem schrägen, unangepassten Sound passt, des öfteren mangelnde Perfektion vorgeworfen. Das interessiert sie aber wenig. "Es gibt eine Menge Bands, die an ihrem Perfektionsdrang kaputt gegangen sind", sagt Christoph.

Wenn die Hermanos gemeinsam auf der Bühne stehen, wirken sie wie eine symbiotische Einheit. Fast so, als würden sie das Publikum nicht wahrnehmen und sich vollkommen selbst genügen. "Wenn wir alle zusammen kommen, ist das wie bei einem Klassentreffen", erzählt Christoph, "da freut man sich, dass man sich wieder sieht und miteinander musizieren kann." Und zwar so, wie es ihnen am besten taugt. Hank Williams wäre wahrscheinlich zufrieden.

(Beim "Heimatabend" im Rahmen von "Roots & Rootes" spielen die Hermanos am Samstag Abend, 11. Oktober, im BR-Funkhaus in der Hopfenstraße.)

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: