Juli in der Muffathalle:Entschlossenheit nach "geiler Zeit"

Gereifter, elektronischer und vielschichtiger: Die Band Juli hat sich nach langer Pause in der Muffathalle eindrucksvoll zurückgemeldet.

Bernhard Blöchl

Sie hätten es sich leicht machen können. Hätten auf der "perfekten Welle" weiterreiten können, um die "geile Zeit" zu verlängern, wie zwei ihrer größten Hits heißen. Sie hätten an dem überreizten Frau-rockt-auf-Deutsch-Pop-Prinzip, das in den Nullerjahren so allerlei Bands in Charts und große Hallen spülte, festhalten können, um auf eine Wiederholung des Erfolgs der ersten zwei Platin-Alben zu drängen. Stattdessen haben sich Juli, das hessische Pendant zu Silbermond aus Sachsen, dem Druck der Branche erst einmal entzogen und eine mehrjährige Pause eingelegt.

Juli startet Deutschland-Tour

Zurück auf der Bühne: Juli-Sängerin Eva Briegel bei einem Konzert im November in Berlin.

(Foto: dpa)

Erst vor kurzem meldeten sich die Gießener mit einer Platte zurück, deren Sound gereifter, elektronischer und vielschichtiger daherkommt, als viele erwartet haben. Nun stehen sie in der ordentlich gefüllten Muffathalle (vor drei Jahren gastierten sie im Zenith) und bringen eine Show auf die Bühne, die Respekt verdient. Insbesondere die Elektro-verspielten Eröffnungsnummern "Immer wenn es dunkel wird" oder "Maschinen" kommen wuchtig, präzise und druckvoll daher, so, als hätten Juli schon immer mit Disco-Beats und Moog-Synthesizern auf der Bühne experimentiert.

Der modernisierte Pop-Sound steht der Rockband ziemlich gut. Wie gewitzt die Fünf mit dem Wagnis, elektrischer zu werden, umgehen, zeigt eines der T-Shirts am Verkaufsstand: "You Broke My Heart When You Went Electric", steht darauf geschrieben. Die neue Ausrichtung wird durch die flirrenden graphischen Effekte auf der breiten LED-Wand im Rücken der Band unterstrichen.

Überhaupt ist visuell einiges geboten: Da wabern Bälle durch das Publikum, wie es die Rockband Muse seit vielen Jahren zelebriert, da rieseln Papierschlangen herab, und vom Glockenspiel bis zur Pauke sind so allerlei Zusatzinstrumente im Einsatz. Erstaunlich ist die Bandbreite des neuen Repertoires: Zauberhaft-kluger Chanson-Pop ("Ich bin in Love (Paris)", "Jessica") schmiegt sich an treibende Tanz-Stampfer ("Süchtig", "Elektrisches Gefühl"), dazwischen streuen Juli ihre Pop-Rock-Hits ein, von denen sie so viele haben: "Regen und Meer", "Dieses Leben" und so weiter.

Die Sängerin Eva Briegel, seit diesem Jahr Mutter und mit Hose, Hemd und Weste bemerkenswert unglamourös gekleidet, präsentiert und singt souverän und fesselnd. Man fragt sich: Wirken sich Schwangerschaften eigentlich positiv auf Kreativität, Mut und Entschlossenheit aus? Bei Wir sind Helden ist jedenfalls eine ähnliche Entwicklung festzustellen. Unumstößlich indes die These: Juli bleiben im Sommer ihrer Karriere.

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