Jugendfilmfestival:Junge Welten, tiefe Einblicke

Jugendfilmfestival: In "Ansichtssache" macht Carrie ein Praktikum. Wo das ist, ahnt man nach der ersten, zehnminütigen Folge von "ASS - Teil 1".

In "Ansichtssache" macht Carrie ein Praktikum. Wo das ist, ahnt man nach der ersten, zehnminütigen Folge von "ASS - Teil 1".

(Foto: Derik Rodrigues/Filmkollektiv Drehmetrie)

Vom 31. März bis 2. April wird der Saal X im neuen Gasteig HP8 zur Festivalbühne für "Flimmern & Rauschen".

Von Barbara Hordych

Immer größere Containerschiffe zeugen vom sich ausweitenden Luxus unserer globalisierten Welt. Ein Luxus, der auf dem Rücken weniger Seeleute ausgetragen wird. Viele von ihnen stammen von den Philippinen. Schlecht bezahlt und pausenlos arbeitend, gehören sie einem ausbeuterischen System an. In ihrem 30-minütigen Dokumentarfilm "Sealand" gelingt Paul Scholten, Conrad Winkler und Matthäus Wörle, Studenten an der Münchner Filmhochschule, ein beeindruckender Einblick in diese Welt. Ihr Film läuft bei der diesjährigen Festivalausgabe "Flimmern& Rauschen", die vom 31. März bis 2. April die besten Filme der jungen Münchner Filmszene zeigt. In verschiedenen Programmen laufen im Gasteig HP8 rund 70 dramatische Spielfilme, experimentelle Kurzfilme, spannende Dokumentationen, schräge Komödien, humorvolle Sketche sowie ziemlich abgefahrene Animationsfilme. Filme der jungen Generation bis 27 Jahren- vom Kindergarten bis zur Medienhochschule.

Seit 40 Jahren ist das Festival eine wichtige Netzwerkplattform - endlich wieder in Präsenz

"Besonders freut uns natürlich, dass es dieses Jahr, genau zum 40- jährigen Bestehen des Festivals, endlich wieder in Präsenz flimmert und rauscht", sagt Moritz Spender, einer der vier Junior-Festivalleiter. "So können wir wieder eine richtige Netzwerkplattform sein mit Live-Moderationen, Diskussionen mit Filmschaffenden und einer Preisverleihung am Ende; neu ist auch ein Festivalfrühstück für Filmschaffende und Interessierte zum Sonderthema Diversität, dazu gibt es im Anschluss auch Workshops." Das Programm beginnt jeweils am Vormittag und endet spät in der Nacht, Einlass ist nonstop - für fünf Euro gibt es einen Festivalpass.

Jugendfilmfestival: Die diesjährigen Junior-Festivalleiter: Shayan Hekmat, Moritz Spender, Elena Nieberle und Leon Morris (von links).

Die diesjährigen Junior-Festivalleiter: Shayan Hekmat, Moritz Spender, Elena Nieberle und Leon Morris (von links).

(Foto: Flimmern & Rauschen)

So froh wie Festivalleiter Linus Einsiedler und sein Junior-Leitungs-Team sind, nach drei Jahren endlich wieder in Präsenz agieren zu können, sind sie klug genug, bestens bewährte Ideen aus den vergangenen Online-Ausgaben für das Festival beizubehalten. Dazu gehört eine Festival-Mediathek, in der alle Filme bereits jetzt gestreamt werden können - dieses Online-Angebot bleibt noch eine Woche nach Festivalende bestehen. Neben streamen kann man dort aber auch wunderbar stöbern, denn zu den meisten Filmen gibt es kurze Anmoderationen der Filmemacher und Filmemacherinnen sowie kurze Interviews mit ihnen, in denen sie von der Entstehung und den besonderen Umständen ihrer Projekte erzählen.

Jugendfilmfestival: Für "Sealand" haben drei Dokumentarfilmstudenten der HFF mehrere Wochen im Hamburger Hafen und auf einem Containerschiff recherchiert.

Für "Sealand" haben drei Dokumentarfilmstudenten der HFF mehrere Wochen im Hamburger Hafen und auf einem Containerschiff recherchiert.

(Foto: Conrad Winkler)

So erfährt man zu "Sealand", dass es lange nicht klar war, ob die Dokumentarfilmer überhaupt auf ein Schiff dürften, "die Reedereien waren da sehr vorsichtig, die Drehgenehmigung zu bekommen war produktionstechnisch betrachtet die größte Herausforderung", erzählt Paul Scholten, der Produktion und Medienwirtschaft an der HFF studiert. Die drei jungen Filmemacher hielten sich zunächst vier Wochen im Hamburger Hafen auf, wo sie recherchierten und über den "Seemannsclub" Kontakte zu den Seeleuten fanden, die sich für ihre Dokumentation interviewen ließen. Dass sie dann doch noch für zehn Tage auf einem Schiff drehen duften, machte ihr Projekt schließlich perfekt.

Jugendfilmfestival: In "Zu alt, um jung zu sein" kommt die 78-Jährige Elsa bei der Zeitungslektüre auf eine zündende Idee.

In "Zu alt, um jung zu sein" kommt die 78-Jährige Elsa bei der Zeitungslektüre auf eine zündende Idee.

(Foto: Jona Schloßer)

Überhaupt ist es spannend, was der Filmnachwuchs aus München auf die große Leinwand bringt: Lea Grande vom Münchner Filmkollektiv "Drehmetrie" erzählt beispielsweise in ihrem ebenfalls 30-minütigen Film "Magnetisch" von zwei jungen Frauen, die sich nach langer Funkstille gemeinsam auf einen Kurztrip begeben, der zu einer Reise durch ihre Gefühlswelt wird. Nur fünf Minuten lang ist indes Jona Schlossers Film "Zu alt, um jung zu sein", entstanden als Bewerbungsfilm für die Filmhochschulen in diesem Jahr. Er porträtiert die verwitwete und vereinsamte Elsa, die sich mit 78 Jahren und der Hilfe ihrer Tochter auf ein Dating-Portal wagt. Die Entdeckung, die sie dort als vermeintlich 65-Jährige macht, ist traurig und tröstlich zugleich. Ihm wie auch vielen anderen der jungen Filmemacher und Filmemacherinnen ist Bemerkenswertes und Beachtliches gelungen - und zu wünschen, dass sie ihren Weg kreativ und selbstbewusst weiterverfolgen.

Flimmern & Rauschen, Do., 31. März - Sa., 2. April, Gasteig HP8, Saal X; Festivalfrühstück 2. April, 10.30 Uhr, Anmeldung unter linus.einsiedler@jff.de; Programm: flimmernundrauschen.de

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