Jüdischer Sportverein:Warum sich selbst der FC Bayern für den TSV Maccabi interessiert

Jüdischer Sportverein: Beim Freundschaftsspiel des FC Bayern gegen den TSV Maccabi stand unter anderem Paul Breitner (rechts) auf dem Platz.

Beim Freundschaftsspiel des FC Bayern gegen den TSV Maccabi stand unter anderem Paul Breitner (rechts) auf dem Platz.

(Foto: Imago)
  • Der TSV Maccabi feiert an diesem Wochenende seinen 50. Geburtstag. Der Sportverein wurde von Überlebenden des Holocausts gegründet.
  • Heute hat der Klub mehr als 1200 Mitglieder und als einziger jüdischer Verein in Deutschland eine eigene Sportanlage.

Von Martin Schneider

Als Robby Rajber bei der ersten Vereins-Feier des Jahres ein Rednerpult suchte, fand er das Kamel. Ein lebendes Kamel, es war als Reittier für die Kinder auf dem Sportplatz, aber jetzt brauchte der Präsident einen erhöhten Sitz. Er stieg auf, blau-weißer Trainingsanzug, blau-weiße Kappe auf dem Kopf, das Mikrofon in der Hand. Zwischen den zwei Höckern des Trampeltiers verkündete er im Mai, dass dies ein besonderes Jahr für seinen Verein sei, den TSV Maccabi München e.V.

Der jüdische Verein feiert am Samstag 50-jährigen Geburtstag mit einem Ball im Hubert-Burda-Saal am Sankt-Jakobs-Platz, im Gebäude der Israelischen Kultusgemeinde. "Glamourös" soll die Feier werden, sagt Rajber, seit zehn Jahren Präsident des Vereins und laut Mitgliedern der Grund, warum der Geburtstag überhaupt so groß gefeiert werden kann. 2005, als er Präsident wurde, hatte der Verein noch 50 Mitglieder. "Zehn Tennisspieler über 70 Jahre, 20 russische Fußballer und der Rest waren Karteileichen", sagt Rajber.

Heute hat der Klub mehr als 1200 Mitglieder und als einziger jüdischer Verein in Deutschland eine eigene Sportanlage. Die liegt an der Riemer Straße 300, auf ihr liegt der Kurt-Landauer-Sportplatz, benannt nach dem jüdischen Präsidenten des FC Bayern, der vor den Nazis in die Schweiz fliehen musste. Die Verbindung zum großen Münchner Klub ist wegen der gemeinsamen jüdischen Vergangenheit sehr eng.

Welche Verbindung der Club zum FC Bayern hat

2010 spendete der FC Bayern 25 000 Euro zum Bau des Kurt-Landauer-Platzes, Bayern-Spieler wie Rafinha kommen zu verschiedenen Aktionen vorbei, die Traditionsmannschaft des Klubs um Paul Breitner spielte 2010 auf dem Platz. Lothar Matthäus trug dabei das Trikot von Maccabi München. Weil er mal den israelischen Klub Maccabi Netanya trainiert hat, gehört er quasi zur Familie.

Gegründet wurde Maccabi München 1965 von Überlebenden des Holocaustes. Das Ziel: ein Stück Normalität nach dem Krieg zu schaffen. Und Integration. Rajber sagt, die jüdische Identität des Vereins sei "megawichtig", am Sabbat, also samstags, wird zum Beispiel kein Fußball gespielt. Kommen darf und soll aber jeder.

Schon immer waren nicht-jüdische Sportler dabei, jede Nationalität, jede Religion ist willkommen, solange Respekt und Toleranz gegenüber anderen da sind. Einer der Gründer, Michael Bardoz, sagte vor zwei Jahren, der Verein sehe heute so aus, wie sich seine Gründer das vorgestellt hätten. Für Rajber und die anderen Macher ist das wohl das größte Lob.

Welchen Stellenwert der Verein hat

Maurice Schreibmann, Vereinsmanager von Maccabi München, sagt, eigentlich mache der Verein eine Arbeit, die viele andere Vereine auch machen. Sportlich sogar erfolgloser, die erste Fußballmannschaft der Herren spielt zum Beispiel in der elften Liga. Aber darum geht es nicht in erster Linie. Der Verein erzeugt die "Nebenprodukte" von Fußball und Sport, die für eine funktionierende Gesellschaft unbezahlbar sind. Integration von Jugendlichen, Verständigung, Aufruf zur Toleranz, Turniere gegen Rassismus.

Der ehemalige Oberbürgermeister Christian Ude nannte den Verein einmal "einen "Brückenbauer im besten Sinne". Als sich einmal eine türkische und eine griechische Mannschaft auf dem Feld prügelten, organisierte Schreibmann ein Konzert zur Versöhnung, daraus wurde die preisgekrönte Konzertreihe "Music for Goals", die sich für Toleranz, Respekt und Integration einsetzt. Pläne für die nahe Zukunft hat Rajber nicht. Nur eine Hoffnung: "Dass nix passiert", sagt er.

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