Warum Knobloch neue Ermittlungen unnötig findet
Trotz eines womöglich rechtsextremistischen Hintergrunds hält Charlotte Knobloch wenig von den neuerlichen Ermittlungen zum Oktoberfest-Attentat. "Die Vergangenheit wieder in den Vordergrund zu schieben, finde ich überflüssig", sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. "Man muss schauen, dass das Oktoberfest heute nicht mehr mit solchen Problemen belastet ist."
Dass es in den Achtzigerjahren rechtsextreme Morde und Gruppierungen wie die "Wehrsportgruppe Hoffmann" gegeben habe, sei doch bekannt. "Da brauche ich mir doch jetzt keine Gedanken mehr machen, ob die am Oktoberfest-Attentat beteiligt war oder nicht", sagte Knobloch.
Beim größten Terroranschlag in der deutschen Nachkriegsgeschichte starben am 26. September 1980 13 Menschen, 211 wurden verletzt. Die Ermittlungsakten wurden bald geschlossen, die Behörden bezeichneten den ebenfalls getöteten Rechtsradikalen Gundolf Köhler als Einzeltäter.
Oktoberfest-Attentat:Hinweise auf zweite Bombe bei Wiesn-Anschlag
35 Jahre nach dem verheerenden Attentat auf das Münchner Oktoberfest mehren sich Hinweise auf einen zweiten Sprengsatz. Ein Zeuge hatte schon 1980 seine Beobachtungen mitgeteilt. Damals nahm ihn jedoch keiner ernst.
Wegen zahlreicher Ungereimtheiten und unberücksichtigter Zeugenaussagen nahm der Generalbundesanwalt jedoch vor einem halben Jahr die Ermittlungen neu auf. Im Fokus steht nun vor allem die Suche nach Mittätern und die Frage, ob die Tat Werk eines rechtsextremistischen Netzwerks war.
"Abgeschlossene Dinge" sollte man auf sich beruhen lassen, sagte Knobloch hingegen. "Wir haben genug aktuelle Themen, die es wert wären, vehement an die Oberfläche gebracht zu werden."
Wie sie sich als Jüdin in München fühlt
Dazu zählen für Knobloch vor allem antisemitische Übergriffe und Vorfälle - erst vor zwei Wochen wurden auf einer Ausstellungstafel vor dem jüdischen Gemeindezentrum in München mehreren abgebildeten Personen Hitlerbärte eingebrannt. Das sei mehr als eine Sachbeschädigung, deretwegen die Polizei nun ermittelt, klagte Knobloch.
Antisemitismus nehme in der Gesellschaft eher zu, "Jude" sei wieder ein Schimpfwort geworden. Öffentlich eine Kippa zu tragen, wovor zuletzt hohe jüdische Repräsentanten gewarnt hatten, sei in München aber "kein Problem". Sie fühle sich in der Stadt "nicht als Minderheit". Mit dem Gemeindezentrum am Jakobsplatz sei die Kultusgemeinde "im Herzen der Stadt und im Herzen der Menschen", sagte Knobloch.
Kommenden Mittwoch feiert die Gemeinde mit einem Festakt ihr 200-jähriges Bestehen und den 70. Jahrestag der Wiedergründung nach der Nazi-Diktatur. Zu dem Festakt wird auch Ministerpräsident Horst Seehofer erwartet. Knobloch steht der Kultusgemeinde seit fast 30 Jahren vor.