Jubiläum: 500 Jahre Bayerisches Staatsorchester:Zeitreise mit dem Taktstock

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Verehrt vom Orchester und Publikum: Für Kirill Petrenko wurde seine Zeit als Generalmusikdirektor an der Bayerischen Staatsoper zum Sprungbrett für eine große Karriere. Heute leitet er die Berliner Philharmoniker. (Foto: Wilfried Hösl)

Von Hans von Bülow über Strauss, Knappertsbusch bis Sawallisch, von Mehta bis Petrenko und Jurowski: Nur wenige Opernhäuser können bedeutendere Chefdirigenten vorweisen.

Von Klaus Kalchschmid

Einst leiteten aktive Musiker das Orchester als Konzertmeister. Erst im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts etablierte sich ein Dirigent im modernen Sinne. Und mit ihm auch die Funktion des Generalmusikdirektors (GMD). Erstmals führte Gaspare Spontini in Berlin ab 1819 diese Berufsbezeichnung. In München war der erste GMD Franz Lachner: Seit 1836 als Hofkapellmeister Leiter der Hofoper, der Musikalischen Akademie und der Königlichen Vokalkapelle, wurde er 1852 Generalmusikdirektor des Hof- und Nationaltheaters. Obwohl als Komponist (seine "Caterina Cornaro" von 1841 war höchst erfolgreich) einem ganz anderen Ideal verpflichtet, setzte sich Lachner vehement für Richard Wagner ein und bereitete etwa die Uraufführung von "Tristan und Isolde" akribisch vor, die 1865 allerdings Hofkapellmeister Hans von Bülow dirigieren sollte, wie drei Jahre später auch die Uraufführung der "Meistersinger".

Hofkapellmeister Hans von Bülow dirigierte in München die Uraufführungen von "Tristan und Isolde" (1865) und "Die Meistersinger" (1868). Zwei Jahre später ließ er sich von seiner Frau Cosima scheiden, die kurz darauf Richard Wagner ehelichte. (Foto: IMAGO/Fine Art Images/Heritage Images)

Auf Franz Wüllner (1870 - 77) folgte von 1872 bis 1896 Hermann Levi, auch er ein großer Wagner-Dirigent. Mit dem Hoforchester, das König Ludwig II. zur Verfügung stellte, leitete er 1882 in Bayreuth die Uraufführung von "Parsifal" und nach Wagners Tod im Februar 1883 führte er in München dessen zehn große Musikdramen auf. Richard Strauss bekleidete das Amt nur kurz von 1894 bis 1896, programmierte und dirigierte in diesen beiden Spielzeiten aber alle Akademiekonzerte des Staatsorchesters und prägte mit seinen Modellaufführungen von Mozarts Opern in der Folge den Spielplan.

Erst von 1907 bis 1911 war mit Felix Mottl wieder ein bedeutender GMD an der Hofoper. Unter seiner Leitung gab es ebenfalls viel Wagner, nicht zuletzt im Prinzregententheater, aber auch die Fortsetzung der Mozart-Tradition, vor allem im (Alten) Residenztheater, dem heutigen Cuvilliés-Theater.

Bruno Walter war von 1913 bis 1922 Generalmusikdirektor in München. Wegen seiner jüdischen Herkunft musste er vor den Nazis ins Exil nach Amerika fliehen. (Foto: imago stock&people)

Der große Mahler-Dirigent Bruno Walter war von 1913 bis 1922 musikalischer Chef des nunmehr "Bayerische Staatsoper" genannten Hauses. 1914 dirigierte er eine der ersten öffentlichen Aufführungen des "Parsifal" außerhalb Bayreuths nach Ablauf der damals 30-jährigen Schutzfrist, aber auch die Münchner Erstaufführung von Franz Schrekers "Die Gezeichneten" und die Uraufführung von Walter Braunfels' "Die Vögel".

Auch Richard Strauss war kurzzeitig Orchesterchef in München. Hier feiert er im Oktober 1942 die Uraufführung seiner Oper "Capriccio" an der Staatsoper: (von links) Viorica Ursuleac als Gräfin, Regisseur Rudolf Hartmann, Richard Strauss, Dirigent Clemens Krauss und Hildegard Ranczak als Clairon. (Foto: Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo)

In der Ägide von Hans Knappertsbusch (1922 - 1935 und 1945), der sich mit den Nazis anlegte und von Hitler wegen seiner getragenen Tempi wenig geschätzt wurde, kam es auf die Initiative des "Kna" gleichwohl 1933 zum "Protest der Richard-Wagner-Stadt München" angesichts eines kritischen Vortrags über Wagner von Thomas Mann, was letztlich zum Exil des Schriftstellers führte. Clemens Krauss dagegen hatte seine Berufung als GMD von 1937 bis 1944 (daneben Intendant bis 1940) direkt Adolf Hitler zu verdanken.

Nach dem Krieg waren Georg Solti, Rudolf Kempe und Ferenc Fricsay kurz in leitender Position an der Staatsoper; prägend war dagegen neun Jahre lang Joseph Keilberth. In seine Amtszeit fiel 1963 die Wiedereröffnung des Nationaltheaters mit "Die Frau ohne Schatten". Da erwies er sich, ebenso wie mit "Arabella" (beide sind als Mitschnitte erhalten) nicht zuletzt als großer Strauss-Dirigent.

Prägende Jahre für die Staatsoper: Wolfgang Sawallisch, einer der großen Operndirigenten des 20. Jahrhunderts, war von 1971 bis 1992 Generalmusikdirektor in München. (Foto: Herrmann Wöstmann/dpa)

Ganze 21 Jahre prägte Wolfgang Sawallisch die Geschicke der Bayerischen Staatsoper von 1971 bis 1992. Er war ein Kapellmeister alter Schule, der dem Dreigestirn der sogenannten Hausgötter der Bayerischen Staatsoper verpflichtet war. Er betreute das gesamte Mozart-Repertoire und stemmte 1983 Aufführungen aller Opern von Richard Wagner zum 100. Todestag und von Richard Strauss im Jahr 1988 nahezu allein. Als exzellenter Pianist spielte er Kammermusik mit seinen Orchester-Mitgliedern oder in Liederabenden.

Noch heute als Gastdirigent gern gesehen in München: Zubin Mehta. (Foto: Stephan Rumpf)
Der Amerikaner Kent Nagano setzte mit Werken der Moderne Akzente an der Staatsoper. (Foto: Peter Litvai/dpa)
Vladimir Jurowski ist seit Herbst 2021 Orchesterchef in München, zudem leitet er das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin. (Foto: Wilfried Hösl/Bayerische Staatsoper)

Von 1998 an leitete Zubin Mehta zusammen mit Sir Peter Jonas zwölf Jahre die Geschicke des Hauses mit legendären Verdi- und Wagner-Produktionen, aber auch der Uraufführung von Reimanns "Bernarda Albas Haus", bevor Kent Nagano von 2006 an neue Akzente mit Werken der Moderne (Berg, Poulenc, Messiaen) und Uraufführungen setzte. Kirill Petrenko erwies sich von 2013 bis 2020 bei ganz unterschiedlichem Repertoire von "Parsifal" bis "Lulu" als großer Charismatiker. Vladimir Jurowski wurde mit Beginn der Intendanz Serge Dornys im Herbst 2021 GMD der Bayerischen Staatsoper.

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