Süddeutsche Zeitung

Jubiläum:Ein ehrenwerter Ort

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2017 gehört den Menzingern, zu denen einst auch Udo Jürgens zählte. Am kommenden Freitag beginnt das "1200 Jahre"-Festprogramm

Von Jutta Czeguhn, Obermenzing/Untermenzing

Da feiert sich heuer ein Stadtteil, den es eigentlich gar nicht gibt: 1200 Jahre Menzing. Heike Kainz und Romanus Scholz, die Vorsitzenden der Bezirksausschüsse Allach-Untermenzing und Pasing-Obermenzing, weisen in ihrem gemeinsamen Grußwort zur Jubiläumsbroschüre ganz offensiv und nonchalant auf dieses verwaltungstechnische Detail hin. Denn vom Jahr 817 aus betrachtet, in dem der Name "Menzing" zum ersten Mal in einer Urkunde auftaucht, ist die heutige Aufteilung der Münchner Bezirke eine irgendwie seltsame Vorstellung. Zumal, das muss wiederum Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), ebenfalls als Grußwort, einräumen, von München selbst zu jener Zeit noch lange nicht die Rede war. Wie auch immer - 2017 ist das Jahr der Menzinger. Und sie feiern zwölf Monate lang. Auftakt ist am Freitag, 6. Januar, an zwei für den Anlass würdigen historischen Stätten: in der Obermenzinger Dorfkirche St. Georg und im Gasthof "Zum Alten Wirt", der in diesem Jahr 600 Jahre alt wird.

Um zehn Uhr wird an Heilig-Drei-König in St. Georg ein Gottesdienst mit Aussendung der Sternsinger gefeiert. Gegen 11.30 Uhr beginnt dann eine Tür weiter im Alten Wirt der Stehempfang zum offiziellen Start des Jubiläumsjahres. Als Schirmherr wird auch Bezirkstagspräsident Josef Mederer sprechen. Was dabei herauskommt, wenn sich Menschen aus den beiden Menzings - Unter- und Ober- zusammen tun und mit ziemlichem Aufwand an einem gemeinsamen Programm basteln, ist auf den fast 70 Seiten der Jubiläumsbroschüre - vorerst für das erste Halbjahr - nachzulesen. Von "A" wie Alter Wirt bis "W" wie Trachtenverein D'Würmtaler stemmen an die 40 Institutionen aus beiden Stadtbezirken und darüber hinaus den Veranstaltungsmarathon. Koordiniert wird das Ganze vom eigens gegründeten "Verein 1200 Menzing".

Das Programm bildet viel vom Traditionsbewusstsein ab, das in den beiden Menzings bis heute charakteristisch ist. Es liefert aber auch Überraschendes beziehungsweise einen kritischen, unverklärten Blick auf die Vergangenheit des Ortes. Um einen solchen sind die Mitglieder der Geschichtswerkstatt bemüht, die bei einer Lesung am 25. Januar von 17 Uhr an in der Pfarrkirche Leiden Christi beim Mahnmal "Gebeugter leerer Stuhl" an die Schicksale in der NS-Zeit verfolgter, ermordeter oder geretteter Obermenzinger erinnern. Veranstalter sind das Kulturforum München-West und der Verein Freunde Schloss Blutenburg. Über das gesamte Jubiläumsjahr hinweg werden dort Lesungen und Vorträge stattfinden, zu denen sich die Gäste ihren eigenen Stuhl mitbringen sollen.

In die Kategorie "Unerwartetes" fällt ein Vortrag von Stadtteilhistoriker Walter Demmel, der am 26. Januar von 18.30 Uhr an im Alten- und Service-Zentrum an der Manzostraße 105 die Lebenslinien von Menschen vorstellt, die in Untermenzing lebten oder leben. Die Sozialistin Rosa Aschenbrenner gehört ebenso dazu wie die Schauspielerinnen Vera Tschechowa und Billie Zöckler, Tänzer-Legende Heinz Bosl und - wer hätte es gedacht - Udo Jürgens.

Wer sich durch die Halbjahresbroschüre blättert, kann in jedem Monat auf Besonderes stoßen: Am 24. Februar etwa tanzen die Schäffler - um 17, 18 und 19 Uhr treten sie in Unter- und Obermenzing auf. Ende März, rechtzeitig zum Frühlingsanfang, wird im Internet ein sogenanntes Geocaching-Projekt freigeschaltet, eine moderne Form einer Schatzsuche oder Schnitzeljagd zu Orten entlang der Würm. Näheres zu dieser Tour erfährt man dann unter www.wuermranger.org.

Mit "Miles in Menzing" lassen der Obermenzinger Jazz-Trompeter Florian Brandl und sein Quartett am 1. April von 19.30 Uhr an im Theatersaal des Hans-Sieber-Hauses, Manzostraße 105, aufhorchen. Die Musiker verbeugen sich vor Miles Davis, stellen aber auch eigene Kompositionen vor. Am 7. Mai öffnet eine weltbekannte Menzinger Institution ihre Türen: Die Internationale Kinder- und Jugendbibliothek in Schloss Blutenburg stellt sich vor. Klanglich in die Entstehungszeit von Menzing zurückversetzt wird man bei einem Konzert mit Liedern der Hildegard von Bingen und gregorianischen Gesängen, das am 25. Juni um 20 Uhr in der Pfarrkirche St. Martin, Eversbuschstraße 9, beginnt .

Der Juli ist dann der Monat, in dem sich die Menzinger und Gäste ihren Terminkalender freihalten sollten für die zahlreichen Höhepunkte des Jubiläumsjahres. Am 1. und 2. Juli werden "600 Jahre Alter Wirt" gebührend gefeiert: mit Volkstanz, einem Prachtgespann der Hausbrauerei und einem Festkonzert mit Musik des 15. und 16. Jahrhunderts in St. Georg. Am 8. Juli trifft man sich um 19.30 Uhr zur Sommerserenade auf dem Kirchplatz von Leiden Christi in Obermenzing, der Kirchenchor und weitere Sängerensembles und Musiker aus Ober- und Untermenzing haben Orffs Carmina Burana einstudiert. Im Festzelt an der Bauseweinallee/ Ecke Einschenkstraße heißt es am 13. Juli dann um 17 Uhr "o'zapft is" für die Menzinger Festtage, die bis zum 23. Juli dauern.

Dass der Juli seine Schatten bereits voraus wirft, werden die bestätigen, die beim Kartenvorverkauf im Dezember vor dem Obermenzinger Carlhäusl Schlange standen, um Karten für La Brass Banda am 19. Juli und Gerhard Polt mit den Wellbrüdern am 21. Juli zu ergattern. Am Samstag, 7. Januar, in der Zeit von 14 bis 17 Uhr ist dort eine weitere Vorverkaufsrunde angesetzt. Für den Polt-Abend allerdings sind alle Tickets bereits verkauft, nur bereits reservierte Karten können abgeholt werden.

Näheres unter www.1200-jahre-menzing.de. Unter kultur@kulturforum-mwest.de kann man das Heft "Duo Menzing - Menschen und Orte in Ober- und Untermenzing" von Angela Scheibe-Jaeger bestellen.

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Quelle:
SZ vom 05.01.2017
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