Süddeutsche Zeitung

Jubel in der SPD-Zentrale:Jubel für den Helden, Mitleid mit dem Gegner

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Der Saal tobt: In der Parteizentrale am Oberanger feiern die SPD-Anhänger den OB und sich selbst.

Alfred Dürr

Soviel Jubel erlebt man in der Parteizentrale der SPD am Oberanger wirklich selten. Bei den vergangenen Bundes- und Landtagswahlen war die Stimmung im Keller, tiefer ging es kaum noch. Doch die Kommunalwahl ist für die Genossen ein großer Freudentag.

An diesem Abend tobt der Saal, als kurz nach 18Uhr die Prognose des Bayerischen Rundfunks auf der Riesenleinwand über der Bühne verkündet: Superergebnis für Christian Ude, und die rote Stadtratsfraktion hat sich gut behauptet. "Rot-Grün ist sicher durch", lacht der Münchner SPD-Chef Franz Maget befreit auf. Noch vor Minuten schien er angespannt, obwohl er den Tag ganz locker verbracht hat, wie er sagt: "Ich war mit meinem Sohn beim Fußball." Aber jetzt ist seine Welt endlich vollkommen in Ordnung.

Was hat die Wahl entschieden? Ganz klar, sagen die Genossen, die hervorragenden Leistungen der Fraktion und des Oberbürgermeisters. Aber natürlich auch die Diskussion um den Transrapid, die Kampagne der CSU zur Gewalt in der U-Bahn und die Unzufriedenheit der Wähler mit dem neuen CSU-Spitzenduo Beckstein und Huber - das sind die Themen unter den Besuchern der Wahlparty.

Unter ihnen ist viel lokale SPD-Prominenz. Zum Beispiel die Alt-Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel und Georg Kronawitter sowie die frühere zweite Bürgermeisterin Gertraud Burkert. Oder Klaus Hahnzog, der auch einmal Bürgermeister war und der sich jetzt gegen den Transrapid engagiert. Vogel trinkt ein Glas Rotwein, Kronawitter gönnt sich ein Bier.

"Dass die CSU einen wahnsinnigen Dämpfer bekommen hat, ist eine Riesengeschichte", sagt Kronawitter. Vogel freut sich, dass "die erfolgreiche sozialdemokratische Tradition in München so beeindruckend" fortgesetzt werden könne. Ansonsten bleibt er ganz der gelassene Profi: "Ich habe in der Partei schon aufregendere Situationen erlebt."

Aber dann will man ihn endlich sehen, den strahlenden Helden Christian Ude. Das Küssen und Herzen, Jubeln und Freuen mag gar kein Ende mehr nehmen, als er mit seinen Mitkämpfern auf die Bühne tritt. Bürgermeisterin Christine Strobl hat passenderweise auch noch Geburtstag. Der Saal bringt ihr ein Ständchen.

"Ich habe mit Freundinnen, meinem Sohn und meiner Tochter am Mittag ein bisschen gefeiert und um 17 Uhr bin ich noch schnell im Olympiadorf wählen gegangen", berichtet sie. Edith von Welser-Ude, die Ehefrau des Oberbürgermeisters, hält sich an einem prächtigen Blumenstrauß fest: "Selbst wenn man ein gutes Gefühl hat, bleibt die Aufregung bis zum Schluss." Draußen vor der Tür steht eine Gruppe von SPD-Stadträtinnen. Man raucht, und man zeigt echtes Mitleid: "Ganz so schlimm hätte es die CSU nun auch nicht treffen müssen."

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Quelle:
SZ vom 03.03.2008
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