Journalisten beim NSU-Prozess:Münchner Gericht verbessert Arbeitsbedingungen

Wenn sie schreiben, sitzen sie auf kalten Fliesenböden: Die Journalisten, die über den NSU-Prozess berichten, erledigen ihre Arbeit unter Bedingungen, die selbst eine Gerichtssprecherin als "ein wenig clochardmäßig" beschrieb. Nun startete das Münchner Oberlandesgericht eine Charmeoffensive.

Das Oberlandesgericht München (OLG) reagiert auf die Kritik an den Arbeitsbedingungen für Journalisten im NSU-Prozess. Wie das Gericht am Mittwoch bekannt gab, wird die Lüftungsanlage im Gerichtssaal verstärkt. An den bisherigen Verhandlungstagen war es auf der Empore, wo Zuschauer und Journalisten sitzen, warm und stickig geworden. Zudem sollen im "Sicherheitsbereich" vor dem Saal Tische und Stühle aufgestellt werden.

Bislang hatten sich Journalisten teilweise auf den Boden setzen müssen, um ihre Artikel zu schreiben - denn auch in Sitzungspausen dürfen sie den Sicherheitsbereich nicht verlassen, ohne ihren Platz im Gerichtssaal zu riskieren. Zudem wurden an manchen Tagen mitgebrachte Brote und sogar leere Wasserflaschen eingesammelt - eine Vorsichtsmaßnahme von vielen Journalisten, falls wieder das Wasser ausgeht. "Wenn man mit Strafgefangenen so umgehen würde, würde man sofort nach den Menschenrechten rufen", sagte die langjährige Gerichtsreporterin des Spiegel, Gisela Friedrichsen, damals. Selbst eine Gerichtssprecherin nannte die Zustände "ein wenig clochardmäßig".

"Für alle Beteiligten wird das ein anstrengendes Verfahren", erklärte jetzt Gerichtspräsident Karl Huber der Nachrichtenagentur dpa. "Wir bemühen uns deshalb, für alle möglichst gute Arbeitsbedingungen zu schaffen." Zuvor hatte sich bereits der Vizepräsident des Amtsgerichts bei Pressevertretern entschuldigt. Höhepunkt der jetzigen gerichtlichen Charmeoffensive: Neben dem Wasserspender wird auch ein Kaffeeautomat im Sicherheitsbereich aufgestellt.

Der Prozess wegen der Terroranschläge des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer soll am 4. Juni fortgesetzt werden.

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