José González in München:Ein Mann und seine Gitarre

Mit seiner eindringlichen Stimme und einer ganz eigenen Mischung aus Flamenco und Indierock zieht Newcomer José González das Publikum in der Muffathalle in seinen Bann.

A. Fischhaber

Es ist mucksmäuschenstill in der Muffathalle. Gebannt starren die rund 700 Zuschauer auf die Bühne. Dabei gibt es an diesem Sonntagabend in München keine große Show zu sehen. Nur einen Mann mit schwarzem Lockenkopf, der auf einem Stuhl sitzt, seine Gitarre auf dem Schoß. Und doch hat man, wenn man die Augen schließt, das Gefühl hier wäre ein ganzes Orchester zu Gange. José González bearbeitet die Saiten bis sie vibrieren, klopft mit den Fingern auf die Gitarrendecke, mischt die Intimität seiner Stimme mit der Intensität des Flamencos.

José González in München: Konzentriert sich ganz auf seine Gitarre: José González in der Muffathalle.

Konzentriert sich ganz auf seine Gitarre: José González in der Muffathalle.

(Foto: Foto: Anna Fischhaber)

Vor allem die eindringlichen Songs von González erstem Album "Veneer", bei denen er ganz allein auf der großen schwarzen Bühne sitzt, scheinen das Publikum zu hypnotisieren. Allein die Scheinwerfer, die immer wieder direkt auf die Zuschauer gerichtet sind, stören die magische Atmosphäre. Bei den Songs aus dem neuem Album "In Our Nature" lässt sich der Schwede von einem Percussionisten und einer Background-Sängerin begleiten. Bei der Zugabe überrascht er mit der Coverversion von Kylie Minogues "Hand On Your Heart".

Für Scherze ist auf diesem Konzert kein Platz. Außer "Thank you" und "Vielen Dank" kommt dem Musiker kaum ein Wort über die Lippen. Stattdessen konzentriert sich der Schwede ganz auf seine zerbrechlich wirkenden Songs. Immer wieder nimmt er sich Zeit, einzelne musikalische Details zu beleuchten - und scheint dabei fast zu vergessen, dass er vor Publikum spielt. Es gebe eine Sehnsucht in den Städten nach Wärme und Menschlichkeit, hat González einmal gesagt. Mit seinen Songs scheint er dieses Bedürfnis befriedigen zu wollen.

Kaum etwas an diesem Abend deutet darauf hin, dass José González seine musikalische Karriere in einer Punkband begonnen hat. Als Sohn argentinischer Einwanderer wird er 1978 in Göteborg geboren. Über die Hardcore-Gruppe "Renaissance" kommt er zum Indierock. Der junge Schwede nimmt klassischen Gitarren-Unterricht. Bald beginnt er, auch eigene Lieder zu schreiben, in denen er perfektes Englisch mit schwedischem Indierock und spanischen Flamencoelementen zu einer Art Neofolk verbindet.

Von den Klingelton-Charts zu den Kritikern

Mit seiner Debütsingle "Crosses" erreicht der Sänger und Songwriter im Oktober 2003 Platz 4 der schwedischen Charts. Zur Berühmtheit außerhalb Skandinaviens verhilft ihm 2006 ausgerechnet der Elektrokonzern Sony, der seine Coverversion von "Heartbeats" - im Original vom schwedischen Elektro-Duo The Knife - für einen Werbespot verwendet. Über die Karriere in den britischen Klingelton-Charts wird González auch von den Kritikern entdeckt. Dabei wollen die vielen Sony-Ericsson-Werbebanner in der Muffathalle zu dem zurückhaltenden Sängers, der sich bei seinem aktuellen Album "In Our Nature" von Evolutionsbiologie inspirieren ließ, nicht recht passen.

Die Natur dürfte für González aber vorerst sowieso in weite Ferne gerückt sein. In den vergangenen vier Jahren war er praktisch auf der ganzen Welt zu Gast. In seiner Heimat Schweden gab er kürzlich ein Konzert für den Dalai Lama. In München dürfte er spätestens nach diesem magischen Sonntagabend in der Muffathalle ein paar neue Fans hinzugewonnen haben. Bleibt zu hoffen, dass González sie fortan nicht als Klingelton begleiten muss.

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