Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Bach zum Staunen

Frank Peter Zimmermann und die Berliner Barock Solisten in der Münchner Isarphilharmonie.

Von Harald Eggebrecht

Musik von vier Komponisten mit dem berühmten Familiennamen Bach machten aus diesem Sonntagnachmittag in der Isarphilharmonie ein hochvergnügliches Ereignis an stilistischer Vielfalt, verschiedenartiger Einfallskraft und barocker Variabilität: Zwei Sinfonien von Carl Philipp Emanuel, je eine von Wilhelm Friedemann und Johann Christoph Friedrich und drei Violinkonzerte vom Vater der drei Genannten, von Johann Sebastian Bach. Die zwölf Berliner Barock Solisten spielten auf modernen Instrumenten in voller Orientierung an historischer Aufführungspraxis elegant, flexibel, präzise und reaktionsschnell.

So zeigte sich sehr eindringlich, dass die Bachsöhne keine braven Nachahmer eines übergroßen Vorbildvaters waren, sondern ganz eigenständige Wege gingen, die in verschiedene Richtungen der folgenden Musikentwicklung führten.

Carl Philipp Emanuel galt zu seiner Zeit als der große Bach, seine Sinfonien sind frappierend in ihren plötzlichen Abbrüchen, ihren überraschenden harmonischen Rückungen und rhythmischen Akzentuierungen. Das wirkt im Ansatz schon theaterhaft wie später bei Haydn, Mozart und dem frühen Beethoven. Wilhelm Friedemann, Bachs ältester Sohn, hingegen pflegte einen ausdrucksvollen, mehr geschmeidigen Parlandostil in seiner D-Dur-Sinfonie, während der "Bückeburger" Bachsohn Johann Christoph Friedrich sich deutlich italienisch orientierte mit einem melodiösen singenden Orchesterklang.

Für die drei Violinkonzerte von Johann Sebastian stand Frank Peter Zimmermann bereit und spielte als primus inter pares diese figurenreichen Stücke mit ihren in den langsamen Sätzen expressiv sich entfaltenden Kantilenen so leichtfüßig, nahezu beiläufig virtuos und klangsinnlich schön ohne jede Forcierung, dass man aus dem Staunen kaum herauskam. Die Stücke sind Rekonstruktionen aus Cembalokonzerten, denen ursprünglich Violinkonzerte zugrunde lagen. Als Zugabe auf den heftigen Beifall das Adagio aus dem auch rekonstruierten d-Moll Konzert: Einfachheit als hohe Kunst.

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