Seit er sie vor zwölf Jahren eröffnete, machte Thomas Vogler mit seiner nach ihm benannten Jazzbar in der Rumfordstraße zumeist dann die größten Schlagzeilen, wenn das Aus nahe war: Mal war es der Brauereivertrag, der dem Laden zusetzte, mal ein Jahrhundertsommer oder eine Fußballweltmeisterschaft, dann wieder wurde sein albanischer Koch Knall auf Fall ausgewiesen, und auch mit der Gema trägt Vogler eine Dauerfehde aus.
Zuletzt brachte ihn eine unfähige Steuerberaterin an den Rand des Ruins, nur ein erfolgreicher Spendenaufruf an seine Gäste sicherte den Betrieb. "Bis jetzt kam noch jedes Jahr irgendetwas daher, das mich schier in den Wahnsinn trieb", resümiert Vogler.
Doch mit der ihm eigenen Portion Sturheit, einigen frechen Ideen - die Fake-Ankündigung eines Konzerts mit Paolo Conte, Ute Lemper und Dee Dee Bridgewater am 1. April brachte ihm ein Jahr nach dem Start die nötige Aufmerksamkeit - und dem weitgehenden Verzicht auf Freizeit und Sozialleben außerhalb der Kneipe hat sich Vogler noch immer aus dem Sumpf ziehen können. Was umso erstaunlicher ist, als hier im August 1997 ein absoluter Laie antrat. Selbst erfahrene Kneipiers wissen um die Schwierigkeiten, in München eine Kneipe über Wasser zu halten, von einer Live-Bühne ganz zu schweigen.
Vogler aber hatte, als er kurzentschlossen den Pachtvertrag für das heruntergekommene Etablissement (vom Griechen bis zum Schwulenclub hatte sich dort binnen weniger Jahre ein halbes Dutzend Betreiber erfolglos versucht) unterschrieb, buchstäblich von nichts eine Ahnung. Bis dahin hatte sich der gelernte Werbefachmann um einen Vergnügungspark gekümmert, dessen Leitung er sogar hätte übernehmen können.
Doch er wollte mit Ende Zwanzig noch einmal etwas ganz anderes ausprobieren. Und so ist es letztlich eine Idee, nicht der mitunter durchaus etwas sperrige Thomas Vogler selbst, die sich durchgesetzt hat: Die Idee "vom Wohnzimmer, in dem jeden Abend Musik gespielt wird", wie Vogler selbst sein Konzept umreißt.
Für München ist das eine Nische, und die errang nach und nach das Wohlwollen einer wachsenden Zahl treuer Gäste. Und die nicht selbstverständliche Unterstützung vieler Musiker: Die haben dank des "Voglers" zwar eine der raren Auftrittsmöglichkeiten mehr, aber natürlich erwarten sie in der Rumfordstraße keine Reichtümer. In erster Linie für diese beiden tragenden Säulen seiner Bar zelebriert Vogler denn auch deren Geburtstage mit unüblichem Aplomb.
Da finden dann auch mal große Namen wie Randy Brecker oder Pee Wee Ellis den Weg ins "Vogler". So sollte es auch diesmal sein, doch das "Vogler" wäre wohl nicht das "Vogler", wenn alles reibungslos abliefe. Chihiro Yamanaka hätte heute Abend kommen sollen, ein echter Geheimtipp: Hierzulande weitgehend unbekannt, hat die sensationelle japanische Pianistin in ihrer Heimat mit jeder ihrer bislang drei CDs die Jazz-Charts angeführt und teilweise sogar die Top Ten der allgemeinen Charts erreicht.
Für ihr Label Universal nahm sie gerade das erste in New York eingespielte Album auf; in den USA spielte sie bereits an der Seite von Größen wie George Benson, Clark Terry oder Herbie Hancock. Eine Erkrankung aber hat sich jetzt unerwartet so verschlimmert, dass Yamanaka gestern ihre Reise absagen musste.
Der Ersatz kommt immerhin aus New York - mehr oder weniger: Der Münchner Matthias Bublath hat sich dort seit ein paar Jahren als groovender Spezialist an der Hammond Orgel etabliert. Wie eigentlich für Chihiro Yamanaka vorgesehen, begleiten ihn zwei alte "Vogler"-Weggefährten: Bass-Professor Thomas Stabenow und Powerdrummer Guido May. Zugesagt hat ebenfalls der Saxophonist Tom Reinbrecht, und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn nicht auch noch ein paar übliche Verdächtige der hiesigen Jazzszene zur obligatorischen Geburtstags-Jam-Session auftauchen würden.
Freitag, 7. August, ab 20.30 Uhr